Vom Besteck zur Fertighaussiedlung: Der Architekt und Designer Carl Auböck

Anlässlich seines 100. Geburtstags zeigt das Architekturzentrum Wien (Az W) eine Ausstellung über den Architekten Carl Auböck. Die Schau zeigt Originalmaterialien aus seinem Leben und Schaffen. Das neue Ausstellungsformat "Living Archive" ermöglicht einen Blick hinter die Kulissen.

Carl Auböck III. (1924-1993) – Mitglied einer Familiendynastie, die seit mittlerweile 125 Jahren für zahlreiche Architektur- und Designklassiker verantwortlich zeichnet – sorgt mit seinen Bauten und Entwürfen nach 1945 für einen Innovationsschub in Österreich. Die in den USA erlernten Methoden der seriellen Vorfertigung von Gebäuden und Bauteilen prägten seine Wohnbauten in Wien. Auböcks weit gefasster Architektur- und Designbegriff reichte von stadtplanerischen Agenden über den Bau von Einfamilienhäusern und Wohnhausanlagen bis zur Gestaltung von Gebrauchsgegenständen wie Essbesteck und Skimode. Er entwarf für bekannte Firmen wie Tyrolia, Riedel Glas und Neuzeughammer Ambosswerk eine Reihe von technisch innovativen Produkten, die auch in der Formgebung neue Maßstäbe setzten.

Die Ausstellung im Az W gliedert sich in drei Bereiche: Ankommen, Eintauchen, Erforschen. Vier Tiefenbohrungen demonstrieren die Bandbreite des Werkes. Das Kapitel "Beginnings" zeigt frühe Studien und Entwürfe, in denen Carl Auböcks Streben nach detaillierter Architektur- und Innenraumplanung deutlich wird. "Prefab/Series" verfolgt den transatlantischen Wissenstransfer zur Vorfertigung von Bauteilen. Darüber hinaus wird ein Blick auf serielles Produktdesign geworfen. "Homecoming" beschäftigt sich mit dem privaten Heimkommen ebenso wie mit dem Ort der neuen "Heimat" von Auböcks Archiv: dem Sammlungsdepot Az W in Möllersdorf. Hier, unweit des Depots, befindet sich der einzige von Carl Auböck errichtete Sakralbau. "Made in Austria" zeigt anhand von Entwürfen für den Skisport (Skibindungen, Skischuhe, Skimode) einen Ausschnitt aus Auböcks Schaffen als Produktdesigner.

Carl Auböck stammte aus einer Handwerker- und Künstlerfamilie: Der Großvater Karl Heinrich Auböck ("der I.") war Goldschmied und gründete eine Bronzewarenbetrieb in der Bernardgasse im siebten Wiener Gemeindebezirk. Der Vater Carl Auböck ("der II.") war Maler und Designer, die aus Bulgarien stammende Mutter Mara Uckunowa-Auböck Bildhauerin - beide Eltern hatten am Bauhaus studiert.

Von 1943 bis 1949 studierte Carl Auböck Architektur an der TH Wien, wo er seinen späteren Büropartner Ferdinand Kitt kennenlernte. Nach Kriegsende absolvierte er eine Lehre als Gürtler und Ziseleur im väterlichen Betrieb, wandte sich aber bald der Architektur zu. Durch einen USA-Aufenthalt 1952 kam Auböck mit den dortigen Entwicklungen in Kontakt: Während seines Postgraduate-Studiums am Massachusetts Institute of Technology (MIT) lernte er die Methoden der seriellen Vorfertigung kennen. Nebenbei erhielt er die Gelegenheit, sein erstes Bauwerk zu realisieren, ein Wohnhaus für seine Tante Valerie Gallet in Union Town, Pennsylvania. Zusammen mit seinem dänischen Kommilitonen Henning Larsen reiste er zu Ray und Charles Eames nach Kalifornien; auch mit Walter Gropius konnte er Kontakt aufnehmen.

Alle in den USA neu gewonnenen Erkenntnisse prägten seine Wohnbauten nach der Rückkehr in die Heimat: In der Veitingergasse, Wien 13 (1953-1954), entwarf er gemeinsam mit Roland Rainer eine Muster-Fertighaussiedlung nach amerikanischem Vorbild in Holztafelbauweise mit vorgefertigten Installationswänden und Wohnküchen. Seiner Zeit voraus war auch die gemeinsam mit Adolf Hoch und Carl Rössler geplante Wohnhausanlage der Gemeinde Wien in der Vorgartenstraße, Wien 2 (1959-1962). Bautechnische Innovationen, eine moderne Gebäudeinfrastruktur mit Zentralheizung und Personenaufzügen sowie die Einführung des "amerikanischen Grundrisses", bei dem die Schlafräume mit Bad über einen Zwischenflur vom Wohnzimmer aus betreten werden, sorgten für internationales Flair. Nach dem frühen Tod seines Vaters 1957 übernahm er die Werkstätte Auböck und erhielt bereits 1958 auf der Weltausstellung in Brüssel eine Goldmedaille für das Besteck "2060".

Ab den 1970er Jahren konzentrierte sich Auböck auf industrielles Produktdesign, das die hohen Qualitätsmaßstäbe der handwerklichen Unikate aus der väterlichen Werkstatt auf die industrielle Serienproduktion übertrug. 1977 wurde er als Professor an die Hochschule für Angewandte Kunst für Produktgestaltung & Metall berufen, wo er bis zu seinem Tod die Meisterklasse leitete. Aber auch die Architektur spielte weiterhin eine große Rolle - es entstanden zahlreiche Einfamilienhäuser, Ladenbauten und große Wohnhausanlagen. Carl Auböck starb 1993 im Alter von nur 69 Jahren in Wien.

Vom Besteck zur Fertighaussiedlung: Der Architekt und Designer Carl Auböck (1924–1993)
Living Archive
5. September bis 4. November 2024