Josef Pillhofer im Dialog

Anlässlich seines 100. Geburtstages würdigt das Leopold Museum Josef Pillhofer (1921– 2010), einen der bedeutendsten österreichischen Bildhauer und Zeichner, mit einer mehr als 180 Exponate umfassenden Retrospektive und stellt sein Schaffen in einen Dialog mit Protagonisten der Bildhauerei der Moderne wie Edgar Degas, Auguste Rodin, Aristide Maillol, Wilhelm Lehmbruck, Henri Laurens, Alberto Giacometti, Joannis Avramidis oder Fritz Wotruba.

Pillhofers künstlerisches Schaffen erstreckte sich über mehr als ein halbes Jahrhundert und wirkt auf die/den Betrachter_in wie die Quintessenz der Skulptur der Moderne unter Berücksichtigung der Pionierleistungen vormoderner Erneuerer_innen. In Folge einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Werk internationaler Vorbilder gelang Pillhofer die Entwicklung einer eigenständigen Formensprache auf dem Weg zur Abstraktion.

Nach dem Besuch der Grazer Kunstgewerbeschule studierte Pillhofer an der Wiener Akademie der bildenden Künste, wo er in der Klasse von Fritz Wotruba seine erste Prägung erfuhr. Wotruba führte die Student_innen in Wien zum Kubismus, der in Österreich bis dahin keine wesentlichen Spuren hinterlassen hatte. 1950 erhielt Pillhofer ein Staatsstipendium und übersiedelte nach Paris. Er studierte bei Ossip Zadkine an der Académie de la Grande Chaumière und arbeitete in dessen Atelier. Seine eingehende Auseinandersetzung mit dem französischen Kubismus, besonders mit den Erkenntnissen der in Paris lebenden Vertreter der kubistischen Plastik – neben Zadkine vor allem Jacques Lipchitz, Alexander Archipenko und Henri Laurens – beeinflusste seine Formensprache. Der Austausch mit bedeutenden Bildhauern und Plastikern wie Constantin Brâncuși oder Alberto Giacometti war gleichermaßen Antrieb und Anregung für seine stilistische Entwicklung. Im Zentrum seiner Überlegungen standen dabei stets Fragen der Form.

"Die intensive Reflexion der Kunstgeschichte und die Pariser Begegnungen mit den Großen seiner Zeit führten Pillhofer zur Entwicklung einer autonomen Formensprache, die ihn zum ersten gegenstandslosen Plastiker Österreichs avancieren ließ. Gleichzeitig entfernte er sich in seiner Auseinandersetzung mit abstrakten Konzepten nie von der Arbeit nach der Natur. In dieser Gegensätzlichkeit liegt nicht zuletzt auch der Grund für sein äußerst variables und spannungsreiches Formenvokabular, sodass man beim Studium seines stilpluralistischen Œuvres immer wieder aufs Neue überrascht wird." Hans-Peter Wipplinger, Kurator, im Katalog zur Ausstellung.

Die kontinuierliche Suche nach der Reduktion war für Pillhofer nie Selbstzweck: "Gute Kunst muss nicht nur nach Vereinfachung oder Reduktion streben, sondern auch die Beziehung mit der Wirklichkeit und der Natur nie verlieren", so die Überzeugung des Künstlers. Diesen Ansatz beobachtete Laurens bei Pillhofer und bemerkte: "Tu cherches une synthèse" ("Du suchst eine Synthese"). In einem Zusammenspiel von Intuition und Intellekt schuf Pillhofer grundlegend Neues. Die Rezeption dieser verschiedenen künstlerischen Sprachen bedeutete für Pillhofer nach seiner Rückkehr aus Paris "die Grundlage und Ausgangssituation für alles Weitere": "Modern sein heißt, das Ungewohnte zu proklamieren. Doch ein Wertkriterium ist Moderne noch nicht. Eher die zeitlosen Fakten eines Bildes, einer Skulptur […] erreichen Qualität in der Moderne".

Josef Pillhofer
Im Dialog mit Cézanne, Giacometti, Picasso, Rodin ...
18. Juni bis 10. Oktober 2021