Am Fest der Liebe und des Kommerzes kommt auch das Kino nicht vorbei. Ganz so friedlich geht’s dabei aber nicht immer zu. Während sich nämlich einerseits Banditen zu Wohltätern bekehren, treten andererseits Weihnachtsmänner äußerst derb auf und nützen die Verkleidung sogar, um unverdächtig getarnt Casinos zu überfallen.
Der Weihnachtsfilm schlechthin, der auch im weihnachtlichen Fernsehprogramm nie fehlen darf, ist wohl immer noch Frank Capras inzwischen 72 Jahre alter «It´s a Wonderful Life» («Ist das Leben nicht schön?», 1946). Der Glaube an das Gute und die Liebe zum Kleinbürgertum – zwei Motive, die alle Filme Capras prägen – bilden den Hintergrund für diese besinnliche Komödie, in der ein Engel einem suizidgefährdeten Familienvater zeigt, wie viel Gutes er seinen Mitmenschen im Lauf der Jahre getan hat und wie wertvoll sein Leben ist.
Härter hatte hier ein Jahr später Edmund Gwenn in «Miracle on 34th Street» («Das Wunder von Manhattan», 1947) zu kämpfen. Gwenn muss als «Kris Kringle» sogar vor Gericht für die Anerkennung des Weihnachtsmannes kämpfen, an den nur die Kinder und die amerikanische Post glauben. Bezeichnend ist freilich, dass diese Komödie nicht in der Provinz, sondern in dem vom Kommerz abgestumpften New York spielt.
Die späten 1940er Jahre waren im amerikanischen Kino überhaupt eine Blütezeit für Weihnachtsfilme. Nach den harten Kriegsjahren sehnte man sich offensichtlich nach versöhnlichen Geschichten über Nächstenliebe, Familie, Läuterung und Selbsterkenntnis. Nicht übersehen darf man dabei aber, dass gleichzeitig der Film noir in diesen Jahren einen ausgesprochen finsteren Blick auf Amerika warf.
Zu allen Zeiten beliebt war und ist Charles Dickens «A Christmas Carol». Vom Stummfilm 1901 bis zum 3-D-Film 2009 wurde dieser Klassiker um die Wandlung des alten Geizhalses Ebenezer Scooge unzählige Male verfilmt. Der Bogen spannt sich vom Zeichentrickfilm «Mickys Weihnachtserzählung» (1983) über diverse Musicals wie «Scooge» (1970) bis zu «The Muppet Christmas Carol» (1992), in der außer Scrooge fast alle anderen Personen von Puppen dargestellt werden.
Geschickt als Hintergrund für die Erkundung menschlicher Einsamkeit nützte 2009 der Norweger Bent Hamer das Weihnachtsfest. Das Leben geht in "Home for Christmas" (2009) einfach weiter, doch vor dem Hintergrund dieses Fests der Liebe und des Friedens werden die diversen Sorgen und Nöte der Protagonisten der einzelnen Episoden, die in diesem wahrhermzigen Kaleidoskop des Lebens parallel erzählt werden, nur noch schmerzlicher spürbar.
Doch weihnachtliche Geschichten können auch in ganz anderen Milieus und Kontexten erzählt werden. So verpackte John Ford 1948 in dem mehrfach verfilmten «Spuren im Sand» («Three Godfathers») die biblische Weihnachtsgeschichte in einen Western. Im Mittelpunkt stehen drei Gangster, die in der Wüste das Baby einer sterbenden Frau annehmen und es, einem Stern folgend, in die nächste Stadt bringen, die ausgerechnet New Jerusalem heißt. Nicht bierernst, sondern mit viel Selbstironie hat hier der amerikanische Meisterregisseur diese Geschichte inszeniert.
Wie beliebt und universal dieser Plot ist, lässt sich auch daran erkennen, dass der Japaner Satoshi Kon «Three Goodfathers» 2003 als «Tokyo Godfathers» in einen japanischen Animé transferierte und im weihnachtlichen Tokio ein Obdachlosen-Trio ein verlorenes Baby seiner Mutter zuführen lässt.
Aber nicht nur im Western bringt Weihnachten eine Läuterung von Banditen, sondern auch im Gangsterfilm. In Michael Curtiz" hinreißender Komödie «We´re no Angels» («Wir sind keine Engel», 1954/55) fliehen drei Sträflinge zu Weihnachten und lösen – zunächst unfreiwillig – die Schwierigkeiten einer französischen Kaufmannsfamilie. Löst hier Weihnachten eine Bekehrung der Gangster aus, so wird die Besinnlichkeit des Festes in neueren Filmen auch bewusst für Beutezüge genutzt. So überfällt in John Frankenheimers «Reindeer Games» («Wild Christmas», 2000) eine Gang als Weihnachtsmänner verkleidet ein Casino.
Einen der bösesten Weihnachtsfilme drehte Terry Zwigoff 2003 mit «Bad Santa». Gar nicht nett ist der von Billy Bob Thornton hinreißend gespielte Weihnachtsmann. Betrunken und mit Dreitagebart verrichtet er seinen Job im Kaufhaus. Freundlichkeit gegenüber Kindern ist von ihm nicht zu erwarten, «fuck» und «shit» sind seine Lieblingsworte.
Zum bitteren Blick auf die US-Gesellschaft wird dieser Film durch den Kontrast zwischen dem heruntergekommenen Weihnachtsmann und dem stimmig beschriebenen Weihnachtsgeschäft, das den Hintergrund bildet: Die unterschiedlichsten Weihnachtslieder, die in «Bad Santa» allgegenwärtig sind - der Soundtrack ist schlichtweg brillant -, und die warmen Farben versprechen nur an der Oberfläche Harmonie und eine heimelige Stimmung. Dahinter verbirgt sich Trostlosigkeit und auch hier nützt der Weihnachtsmann sein Kostüm nur als Tarnung, um mit Hilfe eines Zwergs nach Ladenschluss in Ruhe den Tresor auszuräumen.
Wenn «Bad Santa» mit einer Läuterung des Weihnachtsmanns endet, fügt sich Zwigoff damit zwar den Gesetzen des Mainstreams, doch bis dahin liefert dieser Gesellschaftskritiker eine pechschwarze, an Political Incorrectness kaum zu überbietende bittere Satire auf die Kommerzialisierung von Weihnachten und den American Way of Life.
Dass man auch in Europa durchgeknallte, böse Weihnachtsfilme jenseits niedlicher TV-Filme drehen kann bewies 2010 der Finne Jalmari Helander mit seinem Spielfilmdebüt "Rare Exports – Eine Weihnachtsgeschichte". Nichts für kleine Kinder, aber ein Vergnügen für abgebrühte Kinofans ist dieser Mix aus Horror und schwarzem Humor, in dem man darüber aufgeklärt wird, wie der in diesem Fall gar nicht nette Weihnachtsmann an allen Orten der Welt gleichzeitig sein kann.
Schlusssequenz aus "It´s a Wonderful Life"