Der Glaube an das Gute im Menschen

23. Juni 2008 Walter Gasperi
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Regelmäßig im Fernsehen wiederholt werden die schwarze Komödie "Arsenic and Old Lace" und – vorwiegend zu Weihnachten – der sentimentale, aber sehr wirkungsvolle Familienfilm "It´s a Wonderful Life". – Als Regisseur zeichnet für beide Filme Frank Capra verantwortlich, der den Höhepunkt seiner Karriere freilich schon in den 1930er Jahren feierte.

Am 19. Mai 1897 auf Sizilien geboren, kam Frank Capra mit seinen Eltern im Alter von sechs Jahren in die USA. Nach einem Ingenieursstudium arbeitete er als Handelsvertreter, ehe er sich auf eine Zeitungsanzeige hin als "Regisseur" meldete. Seine Verfilmung von Rudyard Kiplings "Fultah Fisher´s Boarding House" (1923) war zwar ein voller Erfolg, aber die Produktionsgesellschaft ging in Konkurs. Gelernt hat Capra bei dieser Regiearbeit freilich die technischen Grundlagen, die er als Gagschreiber für die Serie "Die kleinen Strolche" und für Filme mit dem Komiker Harry Langdon gut brauchen konnte. Bald übernahm er selbst wieder Regie und drehte mit Langdon Komödienklassiker wie "The Strong Man" (1926) und "Long Pants" (1927).

Nach dem Zerwürfnis mit dem Star kam Capra bald bei den Poverty Row Studios unter Vertrag, aus denen die Columbia Pictures hervorgingen. Sein Genre blieb die Komödie und mit seinen Filmen popularisierte er in den 1930er Jahren Roosevelts Politik des New Deal. Sein größter Erfolg gelang ihm 1934 mit "It Happenend One Night", der bis zu "One Flew Over the Cuockoo´s Nest" (1975) der einzige Film blieb, der die fünf "Haupt"-Oscars (Bester Film, Beste Regie, Bestes Drehbuch, Beste männliche und beste weibliche Hauptrolle) erobern konnte. Zudem zeigte diese Komödie um eine Millionärstochter und einen hartgesottenen Reporter auch markant die Leitbild-Funktion von Stars auf: Dass Gable sich im Film das Hemd auszog und kein Unterhemd trug, soll bei der amerikanischen Wäsche-Industrie zu einem merkbaren Umsatz-Rückgang geführt haben.

Genau gezeichnete Figuren, ein präziser Blick für alltägliche Situationen und pointierte Dialoge machten diesen Film, von dem die Columbia Studios gar nicht so viel hielten, über Mundpropaganda rasch zum Kassenschlager. Spielt Politik in "It Happened One Night" noch keine Rolle, stehen ihre negativen Auswüchse in folgenden Meisterwerken wie "Mr. Deeds Goes to Town" (1936), "Mr Smith Goes to Washington" (1939) und "Meet John Doe" (1941, aber auch in dem 1948 entstandenen "State of the Union" geradezu im Zentrum. Immer wieder geht es hier um den einfachen, etwas naiven Durchschnittsbürger – ideal besetzt mit Gary Cooper und James Stewart - , der auf Korruption und skrupelloses politisches Machtstreben stößt und dieses besiegt.

Märchenhafte Sozialutopien mit einfacher Schwarzweißmalerei sind diese Komödien, aber immer sympathisch durch die liebevolle Figurenzeichnung. Abheben in Eskapismus konnte Capra dabei freilich auch wie in dem in einem pazifistischen Himalaya-Paradies spielenden "Lost Horizon – In den Fesseln von Shangri-La" (1937). Eher untypisch für Capra ist dagegen die pechschwarze Komödie "Arsenic and Old Lace" (1944), in der zwei ältere Damen einsamen Männern ins Jenseits verhelfen. – Da kann man dem Wunsch zur "Guten Tat" nicht allzu viel Verständnis entgegen bringen, die schrulligen Damen wird man dennoch mögen.

Ganz Capra – nicht nur wegen der Besetzung der Hauptrolle mit James Stewart – ist dagegen "It´s a Wonderful Life" (1947): Gedanken an Selbstmord stehen zwar am Beginn, doch ein Engel macht dem von Stewart gespielten Bankangestellten bewusst, wie wertvoll sein Leben ist und was er für Familie und Freunde geleistet hat und bedeutet.

In der Nachkriegszeit konnte Capra mit seinem Optimismus, seinem Glauben an das Gute nicht mehr punkten, da seine Filme einerseits zunehmend zu Sentimentalität tendierten, andererseits düsterere Töne im US-Kino nun gefragt waren, wie die Blüte des Film noir zeigt. Aufgrund des nachlassenden Erfolges seiner Filme zog sich der glühende Patriot, der auch McCarthys Antikommunismus entschieden befürwortete, 1961 vom Film zurück. Er starb am 3. September 1991 in Kalifornien.