28. Dezember 2010 - 8:21 / Walter Gasperi / Filmriss
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Woher kommt eigentlich der Weihnachtsmann? – Mit Vorstellungen von Wärme und Kitsch bricht der Finne Jalmari Helander in seinem Spielfilmdebüt, legt vielmehr einen trocken präsentierten Mix aus Horror und schwarzem Humor vor. Für kleine Kinder ist diese "Weihnachtsgeschichte" sicher nichts, für abgebrühte Kinofans aber ein durchgeknalltes Vergnügen.

Schwer tun sich Filme ohne entsprechendes Werbebudget ein größeres Publikum zu finden. Und dabei hätte sich "Rare Exports" zweifellos ein solches verdient. Schon in den beiden Kurzfilmen "Rare Exports Inc."(2003) und "Rare Exports Inc. - Safety Instructions" (2005) hat der vom Werbefilm kommende Jalmari Helander seine Version von der Herkunft des Weihnachtsmanns erzählt. Was der Finne dort Grund gelegt hat, baute er nun zu einem abendfüllenden Spielfilm aus.

Von Anfang an ist dabei klar, dass es dabei nicht süßlich und kitschig zu und her geht, sondern vielmehr Klassiker des Horror-Science-Fiction-Films wie Christian Nybys "The Thing" (1951) als Vorbild dienten. Hier wie dort wird in arktischen Regionen ein im Eis gefrorenes Wesen entdeckt. Den entscheidenden Dreh bekommt "Rare Exports" aber dadurch, dass Helander den Weihnachtsmann ins Spiel bringt.

Am Polarkreis in der finnisch-russischen Grenzregion führt ein amerikanisches Minenunternehmen Probebohrungen in einem Berg durch. In der Tiefe stößt man auf Sägespäne und bald auf einen Eisblock, in dem die Samen einst den Weihnachtsmann eingefroren haben sollen. Der nette Coca-Cola-Weihnachtsmann, der Kinder beschenkt, soll nämlich ein Schwindel sein. In Wahrheit soll er ein brutaler Rächer gewesen sein, der Vergehen der Jungs und Mädchen mit grausamer Folter ahndete. Zu dieser Erkenntnis kommt auch der neunjährige Pietari (Onni Tommila) durch das Studium alter Bücher, deren Illustrationen die Grausamkeit des Weihnachtsmanns drastisch vor Augen führen.

Und bald scheint sich das Unheil über das vor dem drohenden Berg liegende Dorf auszubreiten: Zunächst findet Pietari mit seinem Vater (Jorma Tommila) und dessen beiden Kollegen die Kadaver von 400 Rentieren, die anscheinend von Wölfen gerissen wurden, dann wird die Bergewerksstation verlassen vorgefunden, bald werden Heizkörper, Herde und Haartrockner, sowie Kartoffelsäcke ohne Inhalt aus zahlreichen Häusern der Gegend gestohlen und in der Tierfalle von Pietaris Vater verfängt sich ein alter, langhaariger nackter Mann. Tot scheint er zunächst zu sein, erwacht dann aber doch zum Leben.

Da sehen Pietaris Vater und seine beiden Freunde die Chance gekommen, die finanzielle Einbuße, die ihnen durch die Abschlachtung der Rentierherde entstand, wettzumachen: Sie wollen den ausgemergelten Greis, den sie für den Weihnachtsmann halten, den Amerikanern verkaufen. Nicht ganz durchschaut haben die drei rauen Männer aber die Situation, größer als erwartet ist die Gefahr, aber der kleine Pietari weiß Rat.

Souverän spielt Jalmari Helander mit den Mustern des Horrorfilms, zeigt keine Gewalttat, sondern arbeitet geschickt mit Aussparungen, die die Phantasie des Zuschauers anregen. Dichte gewinnt "Rare Exports" – der Titel klärt sich am Ende auf – durch die Verankerung in der weiten finnischen Winterlandschaft sowie durch den Verzicht auf Schnörkel und Nebengeschichten. Abrupt und ohne Exposition ist der Einstieg, knapp und vorwärts drängend die Erzählweise, einprägsam die bärtigen Typen.

Seine abgefahrene schwarzhumorige Note bekommt dieser reine Männerfilm "from the land of the original Santa Claus" aber eben erst dadurch, dass die Horrorgeschichte um den Weihnachtsmann herum aufgebaut wird. Wie hier die allgemein bekannte und immer als liebenswert dargestellte Figur ins Negative verkehrt wird, auch auf die Helfer von Santa Claus nicht verzichtet wird, sondern sie Zombies gleich durch die verschneite Landschaft tappen dürfen, und letztlich eine sehr plausible Erklärung dafür gegeben wird, wie der Weihnachtsmann an 100 Orten gleichzeitig sein kann, ohne dass dabei die Magie von Weihnachten strapaziert werden muss, das ist höchst originell und ungemein vergnüglich anzusehen.

Läuft derzeit im Kino Lustenau

Trailer zu "Rare Exports"

Die Meinung von Gastautoren muss nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen. (red)



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