Albrecht Dürer - Druckgrafik als Wegzehrung

Es war keine Urlaubsreise, die Albrecht Dürer 1520 in die Niederlande unternahm. Ein Jahr lang fuhr der Nürnberger durch das Land im Norden, um Kaiser Karl V. in Aachen als neuen Geldgeber zu gewinnen. Seine Druckgrafiken dienten dem Künstler unterwegs als Zahlungsmittel. Mit einer Auswahl dieser Werke feiert die Grafische Sammlung nun das längst vergangene Zeitalter liquider Kunst.

12. Juli 1520: Albrecht Dürer bricht zu einer Reise in die Niederlande auf. Nicht zuletzt ökonomische Gründe führen ihn für ein Jahr in den Norden, denn nach dem Tod seines wichtigsten Gönners Kaiser Maximilian suchte der Künstler die Nähe zu dessen Nachfolger Karl V. Bei ihm will Dürer eine neuerliche Bestätigung seiner Leibrente von 100 Gulden im Jahr erwirken. Die Zeit bis zum Krönungszeremoniell nutzt er, um in der Gefolgschaft des künftigen Kaisers ein Netz an Fürsprechern für sich zu gewinnen. Die Begegnungen sowie die Route, die Einnahmen und Ausgaben der Reise dokumentiert er akribisch in einem Reisetagebuch. Wie sich den Aufzeichnungen entnehmen lässt, zählen auch zahlreiche Abzüge seines druckgrafischen Gesamtwerks zu Dürers Reisegepäck. Diese dienen nicht nur als Geschenke und Tauschware, sondern helfen durch ihren Verkauf auch dabei, die Reisekasse aufzufüllen. Selbst dort, wo bischöfliche Zollbriefe keine Wirkung mehr zeigen, werden die mit Dürers Monogramm beglaubigten Druckgrafiken noch als Zahlungsmittel akzeptiert.

Während Dürers Kunstwerke heute in allen Sammlungen der Welt vertreten sind, begegnen sie uns in den Reiseberichten des Künstlers als taufrische Alltagsgegenstände – dazwischen liegt ein halbes Jahrtausend. Von 21. Mai bis 5. September 2021 feiern die Tiroler Landesmuseen das untergegangene Zeitalter liquider Kunst mit einer Auswahl an Abzügen von Dürers Werken, welche die Grafische Sammlung seit vergangenem Jahr als Dauerleihgabe des Stiftes Stams bewahren darf. Dass wir die Namen der Werke kennen, die ihnen Dürer einst gegeben hat und die bis heute verwendet werden, ist nicht zuletzt dem Tagebuch seiner Reise in die Niederlande zu verdanken. Doch damit nicht genug. Die Aufzeichnungen bringen uns den bereits zu seiner Zeit außerordentlich berühmten Künstler auch als umgänglichen und freigebigen Zeitgenossen näher. Gleichzeitig zeugen sie auf beeindruckende Weise von dessen unstillbarer Neugier. So scheute Dürer etwa eine entbehrungsreiche Reise an die Nordsee nicht, um einen gestrandeten Wal zu besichtigen und besuchte das neue Anwesen des Fuggers Jakob II. des Reichen bei Antwerpen, um "seine hübsche hengst" zu bewundern.

Mit Dürer in die Niederlande und auf romantischen Spuren durch Tirol
21. Mai 2021 bis 5. September 2021