62. Berlinale: Goldener Bär für Paolo und Vittorio Taviani

Die Überraschung ist gelungen: Zwar galt "Barbara" von Christian Petzold bis zum Ende als großer Favorit auf den Goldenen Bären, doch boten sich in einem unspektakulären, aber starken Wettbewerb auch andere Filme für den Hauptpreis an. – "Cesare deve morire" von Paolo und Vittorio Taviani gehörte aber nicht wohl kaum zu diesem Kreis der Favoriten.

Wie die über 80-jährigen Tavianis, die neben dem Goldenen Bären mit "Cesare deve morire" auch den "Preis der ökumenischen Jury" gewannen, die großen Sieger der diesjährigen Berlinale sind, so muss man Christian Petzold als Verlierer ansehen. Der Silberne Bär für die beste Regie wurde ihm für "Barbara" zwar zugesprochen, doch wäre er längst auch fällig für den Hauptpreis eines großen Festivals. So makellos wie seine letzten Filme ist "Barbara", gleichwohl ist klar, dass der Deutsche diesen Stil nicht auf Dauer wird fortsetzen können, ohne in Manierismus zu erstarren.

Zu den Verlierern muss man auch Ursula Meier zählen, die für ihren starken "L´enfant d´en haut – Sister" "nur" einen Sonderpreis erhielt. Den Darstellerpreis hätte Meiers Hauptdarsteller Kacey Mottet Klein sicher mehr verdient als Mikkel Boe Følsgaard für seine Darstellung in dem inhaltlich interessanten, aber uninspiriert inszenierten dänischen Kostümfilm "En Kongelig Affaere – A Royal Affair", der zudem mit dem Drehbuchpreis ausgezeichnet wurde. Und obwohl die Schilderung des Schicksals von Kindersoldaten im Kongo in "Rebelle – War Witch" von Kim Nguyen zutiefst erschüttert, so scheint der Preis für Rachel Mwanza für die beste Darstellerin doch nicht gerechtfertigt.

Durchaus in Ordnung geht dagegen der Große Preis der Jury für "Just the Wind", in dem Bence Fliegauf beklemmend die Angst schildert, die eine ungarische Roma-Familie nach der Ermordung der Nachbarn ergreift. Auch der Alfred-Bauer-Preis für einen Spielfilm, der neue Perspektiven der Filmkunst eröffnet, wurde zu Recht "Tabu" von Miguel Gomes zugesprochen. Der Portugiese knüpft an Stummfilmtraditionen an und schafft dennoch etwas ganz Neues, das ihm zudem den Preis der Internationalen Filmkritik einbrachte.

Auffallend ist, dass die Preisträger beinahe nur aus Europa stammen. Ein gutes Zeichen ist es aber, dass sich die Preise auf viele Filme verteilen, vor allem aber, dass mit Bence Fliegauf, Kim Nguyen und Miguel Gomes auch drei jüngere Regisseure unter den Preisträgern sind, von denen man in den kommenden Jahren noch einiges erwarten darf.