Normalerweise führt verbesserte Technik zu Qualitätssteigerungen. Der jüngste Stand der Technik, als das Höchst- und Letzterreichte verspricht das Beste. Es stimmt auch. Aber es stimmt auch nicht. Indirekt zumindest nicht.
Am Theater kann man ziemlich gut gesellschaftliche Geschmäcker ablesen und auch soziale Befindlichkeiten. Durch die Stückwahl einer Saison, durch die Art der Inszenierungen, aber vor allem durch die Reaktionen des Publikums und die Kritik in den Medien. Nur noch Musik, besonders die populäre, gibt soviel her für solche Auskünfte. Kein anderes künstlerisches Medium.
Als der Kölner Kardinal einen "Kardinalfehler" beging und sich in seiner Kunstkritik nicht nur kunstmetaphysisch äusserte, sondern auch politisch, und zwar inkorrekt, weil er eine belastete Vokabel benutzte, die von der "entarteten Kunst", ging ein Aufschrei durch die Lande. Es herrschte schiere Einhelligkeit in der Ablehnung. Das Wort wirkt immer noch wie ein Alarmzeichen. Aber Alarm wofür?
Im Zuge der rasanten Globalisierung gewannen bzw. gewinnen der Identitäts- als auch Heimatbegriff neue Bedeutungen, ähnlich wie jene der Nation und Integration. Besonders im Sprachlichen, Literarischen wird oft die Metapher bemüht, wonach die Muttersprache die Heimat sei und bleibe, besonders dann, wenn die Person, der Sprecher, als Fremder in der Fremde lebt.
Gehören Sie auch zu jenen, die mehr als eine Zeitung lesen und nicht nur oberflächlich überfliegen? Für die es "normal" ist, mehrere Bücher nebeneinander zu lesen und nicht nacheinander?
Der rasante Ausbau der Repressionsapparate vieler europäischer Regierungen wirkt auch auf Kultur, Bildung und Wissenschaft ein und wird über kurz oder lang zu dramatischen Konfrontationen führen, wie wir sie dem Ende des 2. Weltkrieges als überholt erhofft haben.
Ich bin mit Büchern aufgewachsen. Und natürlich mit Lesen. Bei uns daheim waren Bücher nie Tapeten. Schon früh beneidete ich jene, die eine Bibliothek besassen. Ich half mir mit Ausleihungen von Büchereien. Kontinuierlich erwarb ich mir meine eigene Sammlung, die lebt und wächst. Als ich in den USA auch in viele Akademikerhaushalte kam staunte ich, keine Bücher zu finden.
Politische Zensur existiert in unseren Breiten offiziell nicht. Wird welche bekannt, regt sich heftige Kritik. Anders ist es im Bereich des Religiösen. Es sind nicht nur antiaufklärerische Muselmannen, Fundamentalisten, die wüten, sondern auch geschäftstüchtige Christen, wie z.B. Scientologen, die sehr häufig und intensiv Gerichte bemühen, um ihnen unangenehme Stimmen zum Schweigen zu bringen.
In einer Bundesländerzeitung war kürzlich zu lesen: "Kunstexpertin Barbara Wally: "Westliche Kunst ist ausgelaugt"." Klingt provokant. Noch mehr aufhorchen liess der nächste Satz, dass der Westen Inspiration im Osten klaue und dass die Zukunft der moslemischen Kunst gehöre. Na Mahlzeit!
Man muss ja nicht gleich so radikal sein wie der französische Soziologe und Ökonom Pierre Joseph Proudhon (1809-1865), der meinte, Eigentum sei Diebstahl. Aber die Fixierung und Versteifung auf Eigentum als Privates führt nicht nur zu fixierter Ungleichheit, sondern zu nachhaltiger Entwicklungshemmung. Extrem geschütztes Privateigentum ist asozial und zukunftsfeindlich.