Für heute hatte ich einen andern Text vorbereitet. Da sah ich in der Sendung "Foyer" im 3sat einen Bericht ("Mayim Mayim" - Miniaturen des Erinnerns) über eine Tanzaufführung im Stadttheater Fürth: 33 Tänzer und Tänzerinnen bringen als Geschenk und Erinnerung eine Hommage an die 33 im Jahre 1942 von den Nazis deportierten und dann ermordeten Kinder. Ein berührendes Projekt.
Worte und Unworte, seit vielen Jahren ausgewählt und publiziert, spiegeln den Geist und Ungeist wider; sie sind aber auch Sprachmittel für das Mentale. Sprache ist lebendig. Sie bildet nicht nur ab, sondern richtet auch zu. Viele "Worte des Jahres" klingen wie "Unworte" - es braucht schon eine Expertise, um die Unworte als solche auszuweisen.
Bevor die PISA-Studie offiziell veröffentlicht ist, kursieren schon Werte und deuten Deutler offiziös nationalistisch. Ein lächerliches Schauspiel, das die Unverantwortung sowie Orientierungslosigkeit der "Verantwortlichen" eindrücklich dokumentiert. Wie bei seichter TV-Unterhaltung gieren Politiker und "Experten" auf Reihungen, die Rankings heissen und geben hochbezahlte Expertisen von sich.
Der Anlass liegt einen Monat zurück, zur Affäre ausgewachsen hat er sich erst vor gut einer Woche. Brisant ist sie, weil es um die deutsch-türkische Verständigung geht, um Integration und Islamismus. Es geht um den deutsch-türkischen Rapper Muhabbet und den deutschen Bundesminister Steinmeier, der just mit dem Rapper einen Song aufnahm im Dienste einer mediengerechten Integrationspolitik.
Ein Gespenst geht um. Nein, ein Horror wird inszeniert: die Alten bringen die Jungen um, indem sie ihnen die Zukunft stehlen. Die Jungen, die Kinder, haben wegen der Alten keine Zukunft. Weil sich die verbrecherischen Pensionisten Geld holen. Das ihnen nicht zusteht, das für die Jungen reserviert ist. Die Altendiebsbande muss liquidiert werden.
Viele behaupten, die Schulreform sei keine Reform, sondern fauler Kompromiss und Flickwerk. Es scheint nicht nur so, es ist so. Aber es ist zugleich schlimmer. Auch wenn die kleine Reform eine Reform wäre und kein wiederaufgelegter Kompromiss, bliebe die eigentliche Bildungsfrage unangetastet. Das Fänomen der Halb- und Unbildung wird nicht reflektiert, analysiert oder gar intendiert verändert.
Afrikakonferenz in Deutschland. In den Nachrichten der ARD (Tagesschau 3.11.07) heisst es: "Bundespräsident Köhler fordert gleichberechtigte Partnerschaft mit Afrika", seine kurze Begrüssungsrede wird übertragen. Es sind viele gekommen, auch einige aus Afrika. Es gehe um "fairen Ausgleich" etc.
Gedächtnis ist eine Determinante für Person. Ohne Gedächtnis wäre der Mensch nicht nur keine Persönlichkeit, er wäre keine Person mehr. Identität, das, was zusammenfassend die Person ausmacht, ist unabdingbar an Gedächtnis gebunden. Nicht alles wird unvergesslich gespeichert. Vieles wird "abgebaut". Aber Vieles wird "einverleibt", verwoben, eingraviert, abgelegt.
Nationalmannschaften stören nur dann, wenn sie für die Nation nicht gewinnen. Der Identifikationswille ist so überstark, dass die Einzelleistung subsummiert wird unter dem Nationenetikett: es hat nicht ein Einzelner eine gewinnträchtige oder gepriesene Leistung erbracht, sondern die Nation.
Der Literaturnobelpreis ist eine Auszeichnung, eine Preiszuerkennung und kein Wettbewerbsergebnis. Doch viele reagieren wie enttäuschte Buchmacher, wie Betrogene. Experten belehren, Liebhaber anderer Favoriten sind enttäuscht. Es ist ein Zirkus. Ein einträglicher. Die verschiedenen Ab- und Aufwertungen, An- und Ablehnungen zeigen eine Pseudopolitisierung an. Es geht nicht primär um Literatur.