Religiöse Glauben erstarken und das grundlose Vertrauen ins zu Glaubende nimmt wieder schlimme Formen an. Viele Glaubensformen zeigen offen ihren eigentlichen Suchtcharakter. Der Anteil der Süchtigen nimmt zu. Quasireligiöses Denken ersetzt vernünftiges, verhindert kritisches und steigert die Intoleranz.
In einer Pressemitteilung der Universität Bonn über ein europäisches Altertumsforschungsprojekt, lese ich eine Behauptung, die mich aufhorchen lässt, da sie einen Gegenwartsbezug herstellt: "Der so genannte "Kopftuchstreit" ist ein brisantes Beispiel für den untrennbaren Zusammenhang von Kleidung und Identität.
Was früher in den mächtigsten Diktaturen, denen der Nazis und Stalinisten, noch umständlich ablief aufgrund des damaligen technologischen Entwicklungsstandards, was sogar in Utopien gegenüber der heute erreichten Realität nur annähernd visioniert worden war, greift nun auch, wie befürchtet, in den sogenannten Demokratien ein und durch: die systematische Ausspähung und Überwachung.
Kürzlich war ich bei einer speziellen Literaturveranstaltung in Wien. Es lasen Autorinnen und Autoren aus Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Österreich. Alle nicht deutschsprachigen Texte waren extra für diese Veranstaltung übersetzt worden und wurden auf deutsch vorgelesen. So hatte man die Möglichkeit, die Texte in ihrer Originalfassung zu hören.
Ich erhalte einen Kettenbrief mit chinesischen Weisheiten als Glücksbotschaft. Die Aussagen sind Wahrheiten, die in fast jeder Kultur gängig sind. Doch die "gute Botschaft" wird desavouiert durch eine peinliche Auflage, einer dringenden Aufforderung, die Botschaft mehreren Leuten weiterzureichen. Wer das nicht mache, erleide Unglück, wer es mache, erfahre Glück.
In jüngster Zeit werden nicht nur verschiedene Rufe nach Zensur laut, sondern es wird auch zensuriert. In einigen Staaten offiziell staatlich, in einigen offiziell religiös oder "kirchlich", in einigen, wo es offiziell keine Zensur mehr gibt, inoffiziell oder vorauseilend, selbst. Selbstzensur ist Zensur, auch wenn "vernünftige Gründe", z.B.
Viele lieben Blumen, weil sie rasch verwelken. Aber bis dahin sind sie eine Kostbarkeit. Manche mögen lieber langlebige Topfpflanzen oder gleich eine Abbildung, die im Rahmen für X Jahre das Bild gibt. Dauer versus Vergänglichkeit. Aber ein einmalig gutes Essen ist nicht vielmalig, sonst wäre es nicht einmalig. Wollen wir uns eigentlich mit Einmaligem abfinden, es gar schätzen?
Eine kurze Reflektion über Gleichgewicht und Ungleichgewicht, Entwicklung und Stillstand.
In einem Bericht über die 46. Internationalen Universitätswochen für Theoretische Physik in Schladming ist zu lesen, dass das Ungleichgewicht der Materie die Voraussetzung war zur Bildung des Universums und unseres Kosmos. Permanentes Gleichgewicht hätte Fixierung, Stillstand bedeutet.
Zuerst wirkt Äusseres ein. Formt. Der Individuationsprozess ist ein Bilden von Eigenem als Gegengewicht, als innere Form gegen das Äussere. Der Mensch ist nicht voraussetzungslos, ist nicht und schafft nicht aus dem Nichts. Immer ist schon etwas. Das Verhältnis des Äusseren, seines Einwirkens, und dem Inneren, dem Eigenen, macht das Individuum, die Persönlichkeit aus.