Wenn die bürgerliche Ordnung ins Chaos kippt: Stan Laurel & Oliver Hardy

Jahrzehntelang waren sie für das TV-Publikum der deutschsprachigen Länder als "Dick und Doof" nur witzige Vorabendunterhaltung, aber keine ernst zu nehmenden Komiker. Dies hat sich inzwischen geändert und auch hierzulande werden sie als "Laurel & Hardy" zu den Großen der Filmkomödie gezählt. Das Filmarchiv Wien widmet dem unvergleichlichen Duo noch bis 8. Januar eine Retrospektive.

Eine Tournee brachte den 1890 geborenen Engländer Stan Laurel, der mit bürgerlichem Namen Arthur Stanley Jefferson hieß, 1910 in die USA. Dort drehte er 1917 seinen ersten Film ("Nuts in May") und vier Jahre später entstand mit "A Lucky Dog" der erste gemeinsame Film mit Oliver Hardy (*1892). Ihre Partnerschaft begann aber erst 1927, als sich die glanzvolle Periode der amerikanischen Stummfilm-Komödie schon ihrem Ende näherte.

Charlie Chaplin hatte in den Jahren zuvor den Tramp, den einsamen, außerhalb der Gesellschaft stehenden Vagabunden zur Vollendung entwickelt. Buster Keaton hatte dem amerikanischen Pionier, der unermüdlich und unerschütterlich für seine Ideen und seine Liebe kämpft ob im Boxring ("Battling Butler"), im US-Bürgerkrieg ("The General") oder auf einem Ozeandampfer ("The Navigator") ein Denkmal gesetzt und Harold Lloyd hatte als Parade-Amerikaner mit Hornbrille und Strohhut Karriere gemacht - legendär sind seine Schwindel erregenden Klettertouren an der Fassade eines Wolkenkratzers ("Safety Last"). Und Harry Langdon kreierte schließlich in den 20er Jahren den Mann mit kindlichem Charakter, der in seiner Ahnungslosigkeit nur durch Glück den größten Gefahren entrinnt.

Während der Stern dieser großen Komiker mit Ausnahme Chaplins mit Aufkommen des Tonfilms sank, begann die Karriere des Duos Oliver Hardy und Stan Laurel gerade während dieses Umbruchs mit einer Serie brillanter Kurzfilme. Den Ton nutzten sie nicht nur für Laurels Wortspiele, sondern auch um den Zuschauer mittels Geräuschen über Katastrophen zu informieren, die sich im Off abspielten.

Die Rollen waren von Anfang an genau zugeteilt. Dem väterlichen, ebenso respektablen wie autoritären Oliver Hardy stand der kindliche, das Geschehen nicht verstehende Stan Laurel gegenüber. - Nur als Paar sind sie denkbar, aus ihrer Gegensätzlichkeit entsteht die Komik. Ihre Welt ist das Kleinbürgertum, sie wollen sich anpassen und fallen doch immer wieder aus dem System. Das Widersinnige wird so deutlich, hinter harmlosem Slapstick entwickeln ihre Filme anarchische Kraft.

Ihre Gag-Form ist der "slowburn", bei dem das Opfer dem Täter immer Zeit und Raum lässt seine zerstörerische Aktion abzuschließen, ehe er selbst zum destruktiven Akt ansetzt. Auf diese Weise gehen Möbel, Autos und Häuser kaputt und am Ende stehen beide Streitparteien vor einem Trümmerhaufen. Diesen Inszenierungsstil der Langsamkeit und Retardierung entwickelte Hal Roach, der Hausregisseur von Laurel & Hardy, als Alternative zu Mack Sennetts Stil des atemlosen Tempos.

Ein besonders markantes Beispiel für diese Art von Komik bietet der stumme Kurzfilm "Big Business" ("Vom Wahnsinn umzingelt", 1929), in dem Laurel & Hardy als Weihnachtsbaumverkäufer im sonnigen Kalifornien von einem Hausbesitzer brüsk abgewiesen werden. Im sich daran anschließenden Kleinkrieg geht der Wagen des Duos ebenso zu Bruch wie das Haus von James Finlayson.

Dieser glatzköpfige und schnauzbärtige Schotte ist auch in einigen der besten Langfilme des Duos der Gegenspieler von Laurel & Hardy wie in der hinreißenden Westernkomödie "Way Out West" ("Im Wilden Westen", 1937) oder in "Our Relations" ("Die lieben Verwandten", 1936). Wie in dieser Verwechslungskomödie so stehen oft Ehekrisen und heftige verbale und physische Auseinandersetzungen zwischen den Ehepartnern im Zentrum der Filme und das Eigenheim wird zum Schlachtfeld.

Gegen seine Frau will sich Hardy – und in seinem Schlepptau auch Laurel - durchsetzen, er will sich seine Freiheiten nehmen und hat doch keine Chance. So bleibt das Duo im Kurzfilm "Their First Mistake" ("Ihr erster Fehler", 1932) als Babysitter zurück, wird von ihren Frauen in "Their Purple Moment" ("Ihre Sternstunde" (1928) überlistet und kann in "Sons of the Desert" ("Die Wüstensöhne", 1934) nur unter dem Vorwand eines Kuraufenthalts auf Honolulu das Jahrestreffen ihres Männerclubs in Chicago besuchen.

Männer und Frauen bekommen dabei gleichermaßen ihr Fett ab und immer wieder steht am Ende das Chaos. Ein Sägewerk geht in "Busy Bodies" ("Fleißige Hände / Am Rande der Kreissäge", 1933) zu Bruch, Unordnung bringt das Duo in "The Flying Deuces" ("Fliegende Teufelsbrüder", 1939) in die auf Drill und Disziplin ausgerichtete Fremdenlegion.

Über die harmlose und oberflächliche Komödie hinaus erweisen sich Laurel & Hardy so wie 25 Jahre später Jerry Lewis und Dean Martin als Anarchisten, die einen ebenso bösen wie scharfen Blick auf das Kleinbürgertum und die US-Gesellschaft werfen.

Laurel & Hardy 'Big Business' (1929) :))


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