Überirdisch Nordisch

In Kooperation mit dem Musee d"Orsay in Paris und dem Helsinki Art Museum zeigt das Museum Kunstpalast in Düsseldorf vom 2. Juni bis 9. September 2012 eine Überblicksausstellung zu einem der wichtigsten nordeuropäischen, zugleich dem bedeutendsten finnischen Künstler des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts: Axel Gallen, der sich ab 1907 Akseli Gallen-Kallela (1865-1931) nennt.

Die Schau zeigt rund 70 Gemälde - Porträts, Interieurs, Landschaften, Alltagsszenen, mythologische Heldendarstellungen - , verschiedene Entwürfe und Objekte zu Textilien, Möbel sowie graphische Arbeiten aus fünf Jahrzehnten.

Akseli Gallen-Kallela gehört seit den 1880er Jahren zu den führenden Künstlern der frühen Moderne Finnlands. Trotz starker Heimatverbundenheit ist er ein überzeugter Kosmopolit, der enge Kontakte zur europäischen Künstlerszene pflegt. In den 1880er Jahren studiert er zunächst in Paris an der Academie Julian bei William Bougereau und Tony Robert-Fleury, dann im Atelier von Fernand Cormon. Mitte der 1890er Jahre arbeitet er in Deutschland, stellt in Berlin gemeinsam mit Edvard Munch aus und erhält illustrationsaufträge für das erste Heft der 1895 erscheinenden Kunstzeitschrift "Pan".

1900 erlangt Gallen-Kallela durch seine Mitarbeit an dem finnischen Pavillon, d.h. mit seinen Deckenfresken und der Gestaltung des Iris-Raumes, auf der Weltausstellung in Paris internationale Bekanntheit. Er arbeitet 1902 mit Wassily Kandinsky zusammen, im gleichen Jahr ist er mit achtzehn Arbeiten auf der Nordischen Kunstausstellung in Krefeld vertreten. 1901 und 1904 nimmt er an den Ausstellungen der Wiener Secession teil. Im März 1907 nimmt er die Einladung von Erich Heckel an, Mitglied der Künstlergemeinschaft "Brücke" zu werden (Mitglied bis 1909).

Sind seine Werke anfangs noch stark vom französischen Naturalismus geprägt, zeigt sich später insbesondere die Auseinandersetzung mit dem finnischen Nationalepos Kalevala von großer Bedeutung für die Kunst von Gallen-Kallela. Durch die Auseinandersetzung mit dem Symbolismus und dem Synthetismus gelingt es Gallen-Kallela, seinen Stil in den folgenden Jahren zu perfektionieren, der schließlichin den großen kalevalischen Kompositionen zur vollen Entfaltung gelangt.

Das Kalevala, ursprünglich eine mündliche Überlieferung finnischer Gesänge, ist 1835 erstmals in einer schriftlichen, von Elias Lönnrot erstellten Fassung erschienen. Das aus über 20.000 Versen bestehende Epos entwickelt sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu einem wichtigen Symbol im ideologischen Kampf für die nationale Identität Finnlands. Für Gallen-Kallela, der sich als Mitglied der Künstlerbewegung Nuori Suomi (Junges Finnland) für die kulturelle Unabhängigkeit von Russland einsetzt, bietet das Epos eine reichhaltige Inspirationsquelle für die künstlerische Darstellung finnischer Heldengeschichten. Nicht nur aus der finnischen Landschaft und deren Bevölkerung, auch aus der Kalevala schöpft er seine bedeutendsten und wichtigsten Bildthemen.

Akseli Gallen-Kallela zählt zu den vielseitigen "Universalkünstlern" des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. 1894/95 entsteht am See Ruovesi das nach seinen Plänen in traditioneller Bauweise errichtete Atelierhaus Kalela. Auch die gesamte Innenausstattung des Holzhauses sowie die Möbel im finnischen Jugendstil-Design entwirft der Künstler selbst. Neben seinem graphischen, kunsthandwerklichen, architektonischen und dem literarischen Werk ist es jedoch stets die Malerei, die immer Mittelpunkt seiner Arbeit bleibt.

Ein besonderes Motivrepertoire spiegeln in seinem malerischen Oeuvre die während seines 18-monatigen Aufenthalts in Britisch Ostafrika im Jahr 1909 entstandenen Werke wider. Es handelt sich um eine Vielzahl kleinformatiger Gemälde, in denen er sich in expressionistischer Manier, der Landschaft, den Menschen und der Tierwelt Afrikas widmet.

Gallen-Kallela hat nicht nur seine Kunst zeitweise in den Dienst der finnischen Nationalbewegung gestellt, sondern nimmt gemeinsam mit seinem Sohn Jorma 1918 auch am Bürgerkrieg in Finnland teil. Nach Reisen in die USA und einem mehrmonatigen Aufenthalt in Taos, dem beliebten Künstlertreffpunkt in New Mexico, ist er Ende der zwanziger Jahre wieder in Helsinki. Hier gestaltet er in Zusammenarbeit mit seinem Sohn 1927/28 die Kuppel der Eingangshalle des Nationalmuseums in Helsinki mit Fresken nach Motiven aus dem Kalevala-Epos aus.

Aus dem Bestand von mehr als 1.000 Gemälden haben je ein Kurator aus Helsinki, Paris und Düsseldorf rund 70 Werke ausgewählt. Zusammen mit ausgesuchten Möbel- und Textilentwürfen werden diese zum ersten Mal in Deutschland gezeigt.

Katalog: Begleitend zur Ausstellung erscheint im Hatje Cantz Verlag ein 203 Seiten umfassender, reich illustrierter, wissenschaftlicher Katalog mit Essays von Fabienne Chevallier, Janne Gallen-Kallela-Siren, Laura Gutman-Hanhivaara, Magdalena M. Moeller und Philippe Thiebaut. Erhältlich in finnischer, französischer und deutscher Sprache. Deutsche Museumsausgabe: 34,90 Euro

Überirdisch Nordisch
Akseli Gallen-Kallela (1865-1931)
Finnland im Geist der Moderne
2. Juni bis 9. September 2012