Retrospektive Houchang Allahyari

Vom 5. Februar bis 18. März 2021 zeigt das Filmarchiv eine Online-Retrospektive des 1941 in Teheran geborenen Filmemachers und Psychiaters Houchang Allahyari. Als Jugendlicher kam Allahyari nach Österreich, um Medizin zu studieren und Filme zu machen.

Seit Mitte der 1980er-Jahre entstand ein ansehnliches Werk, in dem er sich selten um Publikumserwartungen sorgt, sondern mehr um die Menschen, die im Zentrum seiner Arbeit stehen.

Einer Region entstammend, die gemeinhin als "Wiege der Medizin" bezeichnet wird und in der Ärzte über einen besonderen Status verfügen, sieht Houchang Allahyari, wie so viele seiner Landsleute, auch seine Berufung auf diesem Gebiet und wird Psychiater. Doch während er an verschiedenen Kliniken und vor allem Strafanstalten wirkt, reift in ihm auch der Wunsch, Filme zu machen. Auf für damalige Verhältnisse extrem innovative Weise bringt er beides in einem Therapieansatz zusammen und ruft mit seinen Schützlingen eine Filmgruppe ins Leben. Seine Erlebnisse und Erfahrungen aus dieser Zeit lässt Allahyari bis heute in seine Filme einfließen: Von "Borderline" bis zu "Der letzte Tanz" erzählen sie von zerbrechlichen Außenseitern, die in jungen Jahren völlig unvorbereitet mit einem System konfrontiert werden, das sich aus Repressionen und Brutalität speist, und so buchstäblich durch den "Fleischwolf" gedreht werden.

Da ist er seinem Vorbild Pier Paolo Pasolini, mit dessen Leben und Sterben er sich bereits in seinem ersten Langfilm auseinandersetzt und auf dessen Schaffen er immer wieder Bezug nimmt, nicht unähnlich. Houchang Allahyari ist bis heute aber Optimist. Der Gewalt gegen die Schwachen setzt er das unerschütterlich Gute entgegen: Sie sind nicht alleine auf dieser Welt, weil es Menschen gibt, denen ihr Schicksal nicht gleichgültig ist. Wenig überraschend sind diese Menschen häufig Ärzte oder Pfleger – jedenfalls sind ihnen Wesenszüge wie Eitelkeit oder Egoismus fremd. Das prominenteste Beispiel in doppeltem Sinne ist sicherlich die 2018 verstorbene Wiener Flüchtlingshelferin Ute Bock. Mit ihr war Allahyari familiär verbunden und widmete sich in drei Filmen der resoluten Kämpferin für Zivilcourage und Solidarität.

In den letzten Jahren hat Allahyari nach langer Zeit seine erste Heimat wieder besucht und sie auch filmisch auf unterschiedlichste Weise erforscht. Ob in Spiel- oder Dokumentarfilmen – immer wieder weicht er Genregrenzen auf und überwindet sie.

Retrospektive Houchang Allahyari
Zum 80. Geburtstag
5. Februar bis 18. März 2021
Kurator: Florian Widegger

Filmliste
Houchang Allahyari
5.2. – 11.2. Der letzte Tanz (Houchang Allahyari, A 2014)
12.2. – 18.2. Fleischwolf (Houchang Allahyari, A 1990)
19.2. – 25.2. I Love Vienna (Houchang Allahyari, A 1991)
26.2. – 4.3. Höhenangst (Houchang Allahyari, A 1994)
5.3. – 11.3. Geboren in Absurdistan) Houchang Allahyari, A 1999
12.3. – 18.3. Die Verrückte Welt der Ute Bock (Houchang Allahyari, A 2010)
Die Liebenden von Balutschistan (Houchang Allahyari, Tom-Dariusch Allahyari, A 2017)