Personale von Gerwald Rockenschaub im Belvedere 21

Seit bald vier Jahrzehnten zählt Gerwald Rockenschaub zu den herausragenden österreichischen Vertreter:innen der Gegenwartskunst. Sein multimediales Werk ist geprägt durch das Prinzip der Reduktion auf wenige, aber wesentliche Elemente, Strukturen und Farbkontraste.

Die Arbeiten des radikalen Minimalisten sind einfach, nicht narrativ, aber vielschichtig: Sie reichen von den Tuschezeichnungen der frühen 1980er-Jahre, den abstrakt-geometrischen Öl-auf-Leinwand-Bildern, die der Neo-Geo-Bewegung zugeordnet werden, über die Verwendung von industriell gefertigtem Acrylglas, die Produktion raumgreifender installativer Arbeiten und voluminöser aufblasbarer PVC-Objekte bis hin zu den digitalen Animationen in dieser Ausstellung. Rockenschaubs Arbeiten und Ausstellungsdramaturgien entstehen seit Jahren am Computer und sind durchaus humorvoll – nicht zuletzt der Kunstgeschichte gegenüber: Sie treiben ein lustvolles Spiel mit den klassischen Genres der Malerei wie Abstraktion, Landschaft und (Selbst-)Porträt. Die Verwendung von einfachen abstrakten Formen, die Assoziationen zu Wiedererkennbarem auslösen können, ist typisch für den Künstler. Seine Präsentationen komponiert Rockenschaub, der seit Ende der 1980er-Jahre auch als DJ und Musiker aktiv ist, vergleichbar einem Technotrack, auf der Suche nach einem Rhythmus, einem Beat. Diese konzeptuelle Vorgehensweise wird besonders bei den Animationen deutlich, die wie kurze visuelle Tracks funktionieren – nur ohne Sound.

Die Personale "circuit cruise / feasible memory/regulator" hat Gerwald Rockenschaub eigens für den Hauptraum des Belvedere 21 entwickelt: 24 digitale Animationen laufen im Loop auf 24 Monitoren, die gleichmäßig auf vier große dunkelgraue Wände verteilt sind. Die Screens hat der Künstler wie gerahmte Bilder in einer klassischen Malereiausstellung positioniert, mit dem Unterschied, dass auf ihnen Bewegtbilder in ungleichen Rhythmen ablaufen. Sie zeigen kurze Sequenzen aus sich bewegenden geometrischen Figuren wie Kreisen, Halbkreisen, Dreiecken und Quadraten, Geflechten aus horizontalen und vertikalen Geraden, pulsierenden und flackernden Flächen. In den Loops sind auch Formen zu erkennen, die an reduzierte Silhouetten menschlicher Gesichter erinnern – so an den Kopf von Rockenschaub. Die hohe Dynamik der Animationen wird durch den Einsatz von zum Teil starken Farbkontrasten gesteigert. Drei knallbunte, zum Sitzen oder Anlehnen einladende Skulpturen fassen das Zentrum des Ausstellungsraums ein. Im Inneren von "circuit cruise / feasible memory/regulator" werden die Betrachter:innen von allen Seiten mit einem rhythmischen Stakkato aus Mustern und Strukturen, Farben und Formen konfrontiert. Mit dieser ortsspezifischen Installation geht Rockenschaub auf die architektonischen Bedingungen des Glaspavillons von Karl Schwanzer ein und befragt mit sparsamen Eingriffen das Verhältnis von Betrachter:in, Kunstwerk und Raum.

Rockenschaub reagiert mit seiner reduzierten Installation auf die besondere Architektur des Belvedere 21. Der fast meditativen Stille im Raum steht mit den Animationen die visuelle Dynamisierung an den Ausstellungswänden gegenüber. Der Künstler treibt hier sein einzigartiges hintersinniges Spiel mit Pop- und Hochkultur, Alltags- und Kunstgeschichte und unseren Sehgewohnheiten – ohne Ton, aber umso bildgewaltiger, so Kurator Axel Köhne.

Gerwald Rockenschaub
circuit cruise / feasible memory/regulator
25. November 2022 bis 12. März 2023