Parfum – verpackte Verführung

Die Omnipräsenz der uns umgebenden Gerüche berührt und verbindet uns alle. In unserer Selbstwahrnehmung ist der Duft als Komponente der eigenen Person und ihrer Inszenierung kaum mehr wegzudenken. Wie aber gehen wir bei der Auswahl eines Parfums vor? Und was lenkt unsere Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Flakon?

Das Museum Bellerive, ein Haus des Museum für Gestaltung Zürich, zeigt als vierte Ausstellung 2011 die Formenvielfalt von Parfumflakons mit Kreationen aus dem reichen Bestand der Kunstgewerbe- und Designsammlung sowie aus zwei bedeutenden Privatsammlungen. Werbekampagnen und Einblicke in die aktuelle Duftforschung begleiten die verführerischen Objekte.

Wie im Titel "Parfum – verpackte Verführung" bereits anklingt, steht die Verführungskraft der Verpackung im Zentrum der Ausstellung. Faszinierend schillernde Salbgefässe und -töpfchen katapultieren uns zurück in die Duftwelt der Antike und bilden den historischen Auftakt der Entdeckungsreise durch die variantenreichen Formen und Materialitäten von Parfumflakons, von der Vergangenheit bis in die Gegenwart.

Als bedeutender Wegbereiter der modernen Parfümerie inszenierte der französische Gestalter René Lalique für die grossen Parfumhäuser seine erstaunlichen Flakons, die von Formen aus Flora und Fauna inspiriert sind. Die technische Neuerung des Pressglases ebnete dabei nicht nur den Weg zur Massenproduktion, sondern eröffnete auch völlig neue Möglichkeiten der künstlerischen Umsetzung. Lalique lotet in seinen gläsernen Fläschchen alle Facetten des Materials aus. Die Reliefs auf den Innenflächen erschliessen oft erst im Gegenlicht eine ornamentierte Welt, die noch stark im Jugendstil verankert ist.

Dem Verschluss als Verkörperung und Wächter der kostbaren Essenz verleiht er durch zahlreiche Gestaltungsvariationen neue Bedeutung. Angesichts ihrer opaken Qualitäten lenken Laliques Objekte den Blick auf ihre Oberflächen. Dabei lassen sich unterschiedliche Grade der Transluzenz sowie komplexe Beschichtungs- und Gravurtechniken entdecken. Nebel aus verschlungenen Linien, Szenen aus fernen Zeiten und fremde Landschaften erzeugen einen Assoziationsspielraum, wie ihn auch die vielfältigen Düfte der Parfums selbst hervorrufen.

Eine weitere gestalterische Dimension eröffnen die Kristallflakons von Baccarat. Die traditionsreiche Firma stellte für den Modeschöpfer Paul Poiret die Behälter für "Les Parfums de Rosines" her. Poiret setzte 1911 als Erster auf eine eigene Parfumlinie, um den Stil seines Hauses zu unterstreichen. Er begründete damit eine Tradition, die sich in den architektonischen Kreationen für das Pariser Modehaus Worth fortsetzte, oder auch bei Chanel, das 1921 mit "No. 5" eine puristische Ikone schuf. 1946 entwarf Salvador Dalí für Elsa Schiaparelli den aus einer Muschel strahlenden "Le Roi Soleil" – ein weiterer Meilenstein der Flakongestaltung und Exempel dafür, wie eine raffinierte Verpackung das Verlangen nach dem Produkt kongenial verstärkt. Diese Wirkung ist beispielsweise auch der als Konservendose gestalteten Umhüllung von Jean-Paul Gaultiers Frauen- und Männertorso eigen.

Betörende Plakate und laszive Spots erweisen sich als Meister der sinnlichen Manipulation und ideale Werbeträger für die verführerischen Objekte. Sie beschwören Rollenbilder, die vom Gentleman über den Verführer bis zum Wilden reichen, von der schutzbedürftigen Frau über die Domina bis zur Göttin. Das dem Kunsthandwerk eng verbundene Museum Bellerive thematisiert in "Parfum – verpackte Verführung" bewusst die zahlreichen Deklinationen eines einzigen gestalterischen Typus. Einige der vorgestellten Kreationen sind dabei zum ersten Mal mit ihrer Originalverpackung zu sehen. Ein Exkurs in die aktuelle Forschung zeigt neue Wege der Duftentwicklung im Bereich der "Artistic Perfumery". Und natürlich bietet sich reichlich Gelegenheit zum Schnuppern verführerischer Düfte! So wird die Ausstellung für die Besucherinnen und Besucher zu einer sinnlich-ästhetischen Reise durch das Universum der Parfumflakons.

Parfum – verpackte Verführung
2. Dezember 2011 bis 9. April 2012