Otto Breicha-Preis für Fotokunst 2013

Das Museum der Moderne Salzburg vergibt den 14. Otto Breicha-Preis für Fotokunst 2013 an den Fotokünstler Matthias Herrmann. Diese Auszeichnung wird alle zwei Jahre an einen österreichischen oder in Österreich lebenden Fotokünstler oder eine Fotokünstlerin verliehen. Herrmann setzt die Reihe der Preisträger nach Alfred Seiland, Otmar Thormann, Branko Lenart, Heinz Cibulka, Manfred Willmann, Walter Berger, Paul A. Leitner, Friedl Kubelka, Seiichi Furuya, Peter Dressler, Ferry Radax, Margherita Spiluttini und Ilse Haider fort.

Der Fotokünstler Matthias Herrmann (* 1963) hatte von 2003 bis 2011 die Professur für "Kunst und Fotografie" an der Wiener Akademie der bildenden Künste inne. In seiner neuen fotografischen Werkserie befasst er sich mit Stilllebenfotografie und den Bildern des urbanen Raumes. Seit den 1990er Jahren, nachdem er seine Karriere als Balletttänzer beendet hatte, konzentrierte er sich auf die fotografische Auseinandersetzung mit dem Bild des menschlichen Körpers, der Geschlechterkonstruktion im Fotografischen und dem Selbstbildnis als sexuell konnotierte Manifestation. Von der subjektiven Sicht eines sehenden Individuums auf sich selbst hat sich nun sein Blickwinkel auf seine Umgebung erweitert, auf die Welt als Reflektionsebene und auf das eigene fotografische Tun.

Matthias Herrmann ist ein Reisender und Wanderer. Er liefert keine Dokumentationen oder stimmigen Bildatlanten von den Orten seiner Reisen ab, sondern legt vereinzelt Einblicke und Beutestücke vor. Er fördert sie zu Tage, er gießt sie in Bildlichkeit und macht sie damit zu Teilen einer Wirklichkeit, die erst durch sein Sehen Substanz gewinnt. Seine Reisen sind nicht Stichstraßen in diverse Weltgegenden, sondern Suchbewegungen in den Bilderwelten, auch denen der Kunstgeschichte. Museen als Orte der Erinnerung liefern für seinen Bilderkosmos sublime ikonische Botschaften: Bilder existieren nicht in einer luftleeren Sphäre, sondern leben in Räumen.

Das Kunsthistorische Museum in Wien ist so ein Raumkontext mit Türen, Fenstern, Ecken und einer eigenen ornamentalen Folie aus Wand, Dekor und Bild. Galerieräume ebenso wie Kunstbücher sind Medien für den Transport von Bildern. Die Fotografien von Matthias Herrmann annektieren diese Meta-Kunstwerke aus dem Fundus des Erinnerten. Sie stellen damit eine Welt her, die sich um das sehende Individuum aufbaut, die aus Gesehenem besteht wie aus Erlebtem, aus Imaginiertem wie aus Faktischem, aus der Beschreibung des Sichtbaren, wie aus dem Anreißen der Zwischenräume. Mit etwa 100 kleinformatigen Fotografien der letzten 15 Jahre und rund 50 großformatigen Arbeiten der neuesten Schaffensperiode wird in der Ausstellung ein Überblick auf ein faszinierendes, vielschichtiges OEuvre geboten.

Das Werk des 1963 in München geborenen und in Wien lebenden Fotokünstlers hat in jüngster Zeit eine ganz neue Wendung genommen: von den komplexen Fotobildern der Selbstporträts mit dem eigenen Ich als Motiv, mit seinen bildlichen Kommentaren zur Darstellbarkeit von privat und öffentlich diskutierter Sexualität und Genderdefinition öffnet sich nun ein neuer Ausblick auf die "Welt" als Inhalt seiner Bild-Findungen. Es ist nach wie vor das eigene Ich, das im Mittelpunkt der Bildproduktion steht, allerdings als "sehendes" Subjekt und nicht als Bildinhalt. Weltaneignung passiert mittels Aufnahme der Landschaften, Städtebilder, Stillleben in den eigenen Kosmos, zu dem substanziell auch das Reflektieren über Kunst und Kunstproduktion gehört. Eine magische Lichtregie und virtuos komponierte Ausschnitte verleihen den Bildern eine ruhige, vibrierende Strahlkraft.

Mit den neuen luziden Fotoarbeiten formuliert Matthias Herrmann eine eigene fotografische Handschrift zwischen Rationalität und Emotionalität und positioniert sich im Kontext einer internationalen Fotogeschichte.

Matthias Herrmann
Otto Breicha-Preis für Fotokunst 2013
15. Juni bis 15. September 2013