Die 1978 in Klaipeda geborene littauische Malerin und Bildhaueri Ruta Jusionyte ist bekannt für Werke, die in eine traumhafte und mythische Dimension entführen. Die Farben ihrer Bilder sind hell und die Linien ausdrucksstark, da ihre Motive auf einem neutralen Hintergrund schweben, fernab von jedem zeitlichen oder räumlichen Bezug. Die Mischfiguren, also Duette von Mensch und Tier, spielen nicht nur bei ihren speziellen Terra-Cotta-Skulpturen, sondern auch bei ihren Bildern eine tragende Rolle. Ein aktueller Querschnitt ihrer Werke ist noch bis 2. November in der Bregenzer Sylvia Janschek Art Gallery zu sehen.
Was ihre Figuren anbelangt, sowohl im objekthaften als auch im malerischen Bereich, so sind die meisten dargestellten oder geformten Frauen und Tiere abwechselnd archetypisch und imaginär. Sie küssen sich, überlappen sich, verflechten sich und füllen die Leinwand und den skulpturalen Raum mit einem Netzwerk von Interaktionen. In einer Abwesenheit von Handlung und narrativem dramaturgischen Vorgang taucht ständig das Hauptthema auf: das Zusammenleben. So stehen die Beziehungen selbst und ihre inneren emotionalen und intuitiven Strukturen im Zentrum der Objekte und Bilder. Denn wo hört das Tier auf, wo fängt der Mensch an? Historisch gesehen waren Körper und Geist lange Zeit im Widerspruch zueinander. Die Instinkte müssen beherrscht, Leidenschaften unterdrückt, dunkle Gefühle und Emotionen vertrieben werden. So schafft der Verstand (der dem Geist und nicht der Inkohärenz zugeschrieben wird) ein hierarchisches System, in dem alles Tierische im Menschen in die untersten Schichten eingetaucht ist.
Rūtas Werke fordern dazu auf, sich mit der natürlichen Welt auszusöhnen. Der expressive Ausdruck der Wesen vermittelt Empathie und Anteilnahme. Die Künstlerin lädt dazu ein, über die den Mischfiguren innewohnende Würde und den Wert jedes Lebewesens nachzudenken, und führt uns so zu einer anderen Form der Selbsterkenntnis. Indem sie Momente der Verbundenheit und Vitalität zelebrieren, bieten die Werke von Rūta Jusionytė eine Verschnaufpause vom lastenden Gewicht der Welt und laden dazu ein, in den einfachen Freuden des Lebens zu schwelgen. Auf diese Weise fördern sie gleichsam ein Gefühl von Optimismus und Möglichkeiten. Im Wesentlichen dient die Arbeit der Künstlerin als kraftvolles Gegenmittel gegen den Zynismus und die Verzweiflung, die oft den zeitgenössischen Diskurs durchdringen, und erinnert an die transformative Kraft der Kunst, den Hoffnungsfunken und auch die Inspiration zu entzünden.
Jusionyte geht es auch um Animus und Anima, also um zwei von insgesamt zwölf Archetypen aus der analytischen Psychologie von Carl Gustav Jung. Konkret handelt es sich hierbei um zwei der wichtigsten Archetypen, also im kollektiven Unbewussten angelegte, von individueller Erfahrung unabhängige unanschauliche Strukturen der Möglichkeiten menschlicher Imagination und Emotionalität. Grundsätzlich stehen Archetypen für universale Urbilder, die über Generationen und Kulturen hinaus dieselben Emotionen und und Assoziationen auslösen.
Ruta Jusionyte: Mischwesen (Bilder und Skulpturen)
Sylvia Janschek Art Gallery, Bregenz
Bis 02.11.
Di-Sa 14-18, u.n.V.