Das Kunsthaus Zug widmet dem Thema Farbe eine besondere Ausstellung. Gezeigt werden zahlreiche Werke aus der Sammlung, die neu nach ihren Farbtönen geordnet werden. Neun Räume mit verschiedenen farblichen Stimmungen geben Einblick in über 100 Werke renommierter Schweizer und internationaler Künstler:innen aus unterschiedlichen Epochen, Genres und geographischen Kontexten.
Farbe bewegt. Sie sprengt Grenzen, drückt Gegensätze aus, verkörpert Ordnung und animiert zur Versenkung. Die Ausstellung "Lust auf Farbe" fächert verschiedene Farbuniversen auf und gibt jedem Raum einen eigenen Klang: drei polychrom-bunte Räume gefolgt von Gelb, Rot, Blau, Grün, Grau und Schwarz/Weiss. Unterschiedliche Medialitäten und Kunstströmungen wie der Surrealismus und die konkrete Kunst treffen aufeinander und treten in neue Beziehungen. In der Ausstellung werden zeitgenössische und moderne Arbeiten präsentiert von Künstler:innen wie Paul Klee, August Macke, Verena Loewensberg, Trudi Demut, Richard Tuttle und Olafur Eliasson. Dabei erprobt das farbliche Ordnungskonzept neue potenzielle Verbindungen und Zusammenhänge zwischen einzelnen Werken, die andernfalls selten zusammenfinden würden.
Ausgehend von ihrer Farbe werden insgesamt über 100 malerische und plastische Werke der Sammlung neu geordnet. Zum einen sind die klassischen Höhepunkte der Sammlung, wie beispielsweise Gustav Klimts Ölgemälde "Gartenlandschaft mit Bergkuppe" (1916) oder Meret Oppenheims "Nuages" (1953) zu sehen. Zum anderen präsentiert die Schau selten gezeigte, höchst interessante Arbeiten. Darunter sind surrealistische Malereien des wenig bekannten Basler Künstlers "Walter Moeschlin" sowie ein konkretes Gemälde des Schweizer Malers und Grafikers Richard Paul Lohse. Zudem werden mit drei herausragenden Landschaftsmalereien indigener Künstlerinnen aus Australien Neuzugänge der Sammlung gezeigt. Die grossformatigen, zeitgenössischen Werke werden als "dot paintings" bezeichnet, die in den vergangenen Jahrzehnten weltweit an Beachtung gefunden haben.
In Bezug auf die Farbe legt die Gegenüberstellung dieser diversen Werke offen, wie vielfältig und verschieden die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema ausfällt. Einzelne Farben scheinen unzählige Nuancen, Schattierungen und Klänge annehmen zu können und entziehen sich dabei einer unitären Bedeutung immer wieder aufs Neue. Weiter lässt sich in den Exponaten beobachten, dass die farblichen Experimente über die Hinterfragung eines einzelnen Farbtons hinausgehen. Dabei erscheint Farbe im Zeichen von Kontrasten und Gleichzeitigkeiten, welche die farbliche Schwing- und Leuchtkraft auf alternative Weisen erproben. Diese Aspekte stehen insbesondere in den Räumen zu Grau und Schwarz/Weiss im Zentrum.
Die Ausstellung regt an, den klassischen Fokus von Linie und Form auf die Farbe zu verschieben. Dabei tritt eine reichhaltige und vielschichtige Geschichte hervor. Als Phänomen berührt sie physikalisch-chemische, symbolische, technische, kognitive, sozio-politische, sowie ökonomische und geographische Dimensionen. "Die Farbe hat mich" schrieb Paul Klee 1914 und signalisierte damit eine einschneidende Wende im Zugang zur Farbe in der Moderne. Hier wurde Farbe nicht mehr als sekundäre Eigenschaft der Umwelt verstanden, sondern als eine eigene Kategorie, die durch äussere Lichtreize in uns erzeugt wird.
Symptomatisch für die weitere Diskussion um Farbe in der Kunst und Architektur verweisen die ausgestellten Werke auf der einen Seite auf das Bedürfnis, Farbe zu durchdringen und zu systematisieren. Werke wie Paul Klees Gemälde Raumarchitektur mit der "gelben Pyramide" (1915) gliederten die Bildfläche in abstrakt-elementare Farbflächen, was sich wiederum mit dem Aufkommen unterschiedlicher Farblehren verbinden lässt. Auf der anderen Seite bezeugen sie ebenso, wie Künstler:innen die emotional-sinnliche Wirkungen von Farben ausloteten. Monochrome Bilder wie Arnulf Rainers Ölmalerei "Schwarze Übermalung" (1959) oder schimmernde Farbfotografien wie Hannah Villigers "Greedy" (1982/83) regen an, in die nicht-darstellenden Farbfelder zu tauchen und sich von deren Schwingungen erfassen zu lassen. Im Zusammenspiel dieser beiden Ebenen entfaltet sich Farbe als Vergnügen und Herausforderung, die sowohl das Kunstobjekt als auch die Körper der Betrachter:innen adressieren.
Lust auf Farbe
Werke aus der Sammlung. Paul Klee bis Olafur Eliasson
6. Mai bis 10. September 2023
Kurator: Dr. Matthias Haldemann, kuratorische Assistenz: Dr. Sandro Weilenmann