KUB präsentiert das Jahresprogramm 2024

Weltweit besonders ist, dass bei den Ausstellungen im Kunsthaus Bregenz den geladenen Künstler:innen das gesamte Gebäude mit der aufsehenerregenden Architektur von Peter Zumthor zur Verfügung steht und ihre Werke für das Haus maßgeschneidert sind. Im Jahr 2024 wird das KUB vier der wichtigsten Künstler:innen der Gegenwart ausstellen: Günter Brus, Anne Imhof, Tarek Atoui und Precious Okoyomo. Ihnen gemeinsam ist die Beschäftigung mit dem Menschen, seinem Körper, seinen Grenzen und seinen Beziehungen sowie eine Weltsicht, die auch für unbequeme Wahrheiten sensibilisiert.

Mit Günter Brus (*1938, Ardning) zeigt das Kunsthaus Bregenz erstmals das Œuvre eines Wiener Aktionisten. Brus ist einer der bedeutendsten österreichischen Künstler der Nachkriegszeit und Pionier der Body Art. Sein mehrere Dekaden umspannendes Werk umfasst die radikalen Aktionen der 1960er und 1970er Jahre, die zwischen Literatur und bildender Kunst angesiedelten "Bild-Dichtungen" sowie ein eigenständiges literarisches Schaffen. Im KUB bilden die fotografischen Aufzeichnungen seiner epochalen Aktionen und Performances sowie die informellen Malereien den Schwerpunkt. Diese oft großformatigen Arbeiten zeichnen sich durch fahrige, wild gewordene Gesten aus. Die Malerei wird als aggressiver Akt wahrnehmbar, sie zeugt von Enthemmung, zuckender Zerrissenheit und einem Todestrieb, der an die Oberfläche drängt.

Anne Imhof (*1978, Gießen) setzt sich in Bregenz mit dem Körper, den unterschiedlichen Befindlichkeiten, dem menschlichen Zusammenleben und den Medien auseinander. Bühnen werden gebaut, riesenhafte Glaskörper errichtet, großformatige Bilder und Übermalungen gezeigt. Ihr Werk ist von Performance und Mode wie von den allgegenwärtigen sozialen Medien beeinflusst. Es kreist stets um Entfremdung und Vereinzelung, um gesellschaftliche Distanzierung und körperliche Erfahrung. In Venedig wird Anne Imhof 2017 der Goldene Löwe verliehen. Ihre Arbeit wurde in weltweit führenden Ausstellungshäusern gezeigt. Einzelausstellungen am MMK in Frankfurt am Main, in der Tate Modern in London, im Stedelijk Museum in Amsterdam und im Palais de Tokyo in Paris zeugen von ihrem außergewöhnlichen Werk. Imhofs charakteristisches Ausdrucksmittel sind Performances, in denen androgyne Figuren auf fesselnde Weise zwischen teilnahmsloser Passivität und aufwendiger Choreographie changieren. In den nüchternen Räumen des Kunsthauses Bregenz leitet Anne Imhof die unausweichliche Transformation ihrer künstlerischen Praxis ein. In einem rätselhaften Werk, das Barrikade und Bühne zugleich ist, entfaltet sich ein Paradox. In ihrer Ausstellung konzentriert sich Imhof auf Malerei, Skulptur, die den Kern ihrer künstlerischen Praxis bilden und von der Weiterentwicklung ihrer performativen Arbeit zeugen. Die menschliche Figur gewinnt eine allegorische Präsenz. Die für Imhofs Arbeit charakteristische Erforschung des menschlichen Seins tritt so noch stärker in den Vordergrund.

Tarek Atoui (*1980, Beirut) ist in Bregenz kein Unbekannter. 2017, beim 20-jährigen KUB Jubiläum, und 2018, im Rahmen der Projektreihe Talks on Music and the Arts, begeisterte er das Publikum mit Soundperformances. Atoui erforscht das Verhältnis von Körper und Klang. Wie wirken Schwingungen auf Körper? Welche Formen erzeugen welche Klänge? Seine Kunst entsteht durch Kollaboration: mit Partner:innen, dem Publikum, den Instrumenten, die er nutzt oder neu entwickelt, den Traditionen, auf die er zurückgreift sowie den Orten, an denen sie entsteht oder gezeigt wird. Sein besonderes Interesse gilt der Entwicklung einer neuen Instrumentierung. Er konstruiert neuartige Klangkörper, Instrumente und Hörbehelfe. Dabei entstehen originelle Systeme, die sich weiterentwickeln: Sie lernen vom Raum, in dem sie erklingen, und von den Händen, die sie bedienen. Das Kunsthaus Bregenz mit seinen akustisch sensiblen Räumen ist für das Werk Atouis besonders geeignet.

Die Künstlerin und Lyrikerin Precious Okoyomon (*1993, London) beschäftigt sich mit der Bedrohung der Natur durch kolonialistische Praktiken. Im 19. Jahrhundert wurde in den Südstaaten der USA eine Weinrebe gepflanzt, um die erodierenden Böden, die durch die Baumwoll-Monokultur ausgezehrt waren, wiederherzustellen. Die Rebe erwies sich jedoch als invasiv und verdrängte alles andere pflanzliche Leben. Bei der Biennale di Venezia 2022 überwuchert die Pflanze Okoyomons Installation “To See The Earth Before the End of the World”. Okoyomon inszeniert skulpturale Topographien, oft in monumentalem Maßstab, die dem entgegenwirken, was Okoyomon die "außerordentlich aufwendige gesellschaftliche Leugnung dreier materieller Grundzüge der Wirklichkeit: Verwesung, Verfall und Wiedergeburt" nennt. Sie versteht ihre Arbeit als „Experiment, das der Unsichtbarkeit des Zerfalls entgegenwirkt“. Im Kunsthaus Bregenz zeigt Okoyomon eine Reihe skulpturaler Interventionen, die von Okoyomons neuestem Lyrikband "But Did You Die?" inspiriert sind. Die Arbeiten sind ein Versuch, sich der strukturellen Gewalt, von der wir umgeben sind, mit Humor und Lebensfreude zu widersetzen.

 

Ausstellungen 2024 im KUB

Günter Brus: 17|02 – 20 05|2024

Anne Imhof: 08|06 – 01|09|2024

Tarek Atoui: 14|09 – 03|11|2024

Precious Okoyomon: 16|11|2024 – 19|01|2025