Knistern und Knacken

Carsten Nicolai (geb. 1965 in Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitz, lebt in Berlin) zählt zu den wenigen Künstlern unserer Gegenwart, die überzeugend im Spannungsfeld zwischen Kunst, Wissenschaft und Sound arbeiten. Dabei versteht sich Nicolai nicht nur als Künstler und Forscher – auch seine Erfahrungen und Ambitionen als Musiker fliessen immer wieder in seine Arbeiten mit ein.

Nach Nicolais Beteiligungen an wichtigen internationalen Ausstellungen wie der documenta X in Kassel (1997) oder der Biennale in Venedig (2001/2003) und seinen breit angelegten Einzelausstellungen wie u.a. in der Schirn Kunsthalle Frankfurt a. M. sowie in der Neuen Nationalgalerie Berlin (beide 2005), präsentiert das Museum Haus Konstruktiv unter dem Titel "Static fades" Carsten Nicolai erstmals in einer umfangreichen Einzelausstellung in der Schweiz.

An seiner Ausstellung "Static fades", für die zahlreiche neue Werke entstanden sind, arbeitete der Künstler seit Sommer 2005. Im Zentrum seiner Werke – sie umfassen Zeichnungen, Malerei, Plastiken, Installationen, begehbare Räume und Videoarbeiten – steht Nicolais Anliegen, die Grenzen der menschlichen Sinneswahrnehmungen auszuloten und naturwissenschaftliche Phänomene wie Klang- und Lichtfrequenzen oder elektromagnetische Felder visuell und auditiv erfahrbar zu machen. Mit seinem modernistischen Interesse an den Grundlagen der klassischen Avantgarde schafft Nicolai eine breite Basis für seine Arbeiten: Reflexe auf Kunstgeschichte sind darin ebenso wichtig wie der genuine Ausdruck einer individuellen künstlerischen Sprache.

Komplexität, Reduktion und Schönheit: Carsten Nicolais Werke basieren auf komplexen und disziplinübergreifenden Untersuchungen, auf wissenschaftlich orientierten Beobachtungen, die gleichzeitig einen intensiven Zugang zu individuellen Wahrnehmungs- und Empfindungswelten erlauben. Doch anders als der pseudo-wissenschaftliche Impetus vieler künstlerischer Haltungen in den 1990er Jahren basieren die Arbeiten von Carsten Nicolai auf einem fundierten Wissen. Für seine umfangreichen Projekte und Ausstellungen arbeitet er deshalb auch häufig eng zusammen mit Technikspezialisten, Wissenschaftlern, Theoretikern oder Musikern.

Nicolais Werke legen die Funktionsprinzipien von Codierungen, Selbstorganisation und Wahrnehmung offen: Die konventionelle Vorstellung einer künstlerischen Handschrift tritt in den Hintergrund und der klassische Werkbegriff wird in Frage gestellt. Carsten Nicolais Installationen ist eine minimalistische Ästhetik eigen, die durch technoide Eleganz und Schlichtheit besticht. Gleichzeitig schafft er stimmungsvolle Räume, deren beinahe unwirkliche, traumähnliche Atmosphäre ein weites Assoziationsfeld öffnet.


Publikation: Im Rahmen der Ausstellung erscheint ein umfangreiches Katalogbuch (160 Seiten). Profunde und gleichzeitig sprachlich klare Texte (dt./engl.) der AutorInnen Klaus Ottmann, Christoph Doswald, Britta Schröder und Dorothea Strauss werden in das vielseitige Werk des Künstlers einführen; seine Arbeiten der letzten 10 Jahre wird in zahlreichen Abbildungen vorgestellt. Das Buch erscheint im Kunstverlag JRP | Ringier.

Static fades
31. Mai bis 1. August 2007