Hans Lühdorf (1910–1983), Düsseldorfer Landgerichtsrat, entdeckte auf der Ausstellung "Entartete Kunst" seine Liebe zum Expressionismus und beschloss, Graphiken dieser Zeit zu sammeln und persönlich mit den Künstlern in Kontakt zu treten. Im Jahr 1964 übereignete er dem damaligen Kunstmuseum Düsseldorf hochkarätige Blätter. Bis 1968 erwarb das Museum von ihm weitere expressionistische Graphiken. Nun zeigt die Ausstellung im Museum Kunstpalast einen Querschnitt von 70 Arbeiten von 19 Künstlern (u. a. Aquarelle, Lithographien und Holzschnitte) dieser bedeutenden, ehemals privaten Kollektion.
Hans Lühdorf wurde in Düsseldorf in eine gutbürgerliche Kaufmannsfamilie hineingeboren und studierte ab 1928 Rechtswissenschaften an verschiedenen Universitäten, darunter Lausanne, München, Berlin und Köln. Nach erfolgreichem Staatsexamen promovierte er in Köln und arbeitete schließlich als Rechtsreferendar in Düsseldorf. Im Jahr 1937 entdeckte er in der Ausstellung "Entartete Kunst" seine Liebe zur Moderne und entschloss sich kurz darauf, mit "Taschengeld"-Beträgen Graphik der Expressionisten zu erwerben. Schon bald hatte er durch sein leidenschaftliches Engagement persönliche Kontakte zu Künstlern wie Erich Heckel, Alexej von Jawlensky, Ewald Mataré, Ernst Wilhelm Nay, Emil Nolde und Karl Schmidt-Rottluff geknüpft und tauschte sich mit Sammlern wie Carl Hagemann in Frankfurt, Tony Kirchhoff in Wiesbaden und Willy Strecker in Mainz aus.
Zu Lebzeiten hielt sich Hans Lühdorf stets im Hintergrund und bestand darauf, seine zahlreichen Schenkungen an das Haus immer ohne Nennung seines Namens vorzunehmen. Nun steht er in Ausstellung und Publikation im Mittelpunkt, und wir sprechen erstmals öffentlich von der „Sammlung Dr. Hans Lühdorf“, die weit mehr als expressionistische Graphiken enthält. Die expressionistischen Werke erwarb Lühdorf vornehmlich in den Jahren 1939 bis 1945, sodass es galt, die Provenienzen zu prüfen und die Ankäufe zu rekonstruieren. Im Bereich der Graphik, die generell wesentlich schlechter dokumentiert ist als Gemälde oder Skulpturen, ist es schwierig, die Herkunft eines Blattes lückenlos nachzuweisen. Dies gelang immer dann, wenn die Arbeiten direkt vom Künstler oder seinen Angehörigen erworben oder dem Sammler geschenkt wurden.
Für die Provenienzrecherche stellten das Deutsche Zentrum für Kulturgutverluste in Magdeburg und der Landschaftsverband Rheinland in Köln Mittel zur Verfügung, sodass die Forschung von externen Fachleuten durchgeführt werden konnte. Die Nachforschungen umfassten nicht nur die ca. 70 Blätter, die das Museum im Jahr 1964 – damals jährte sich der Geburtstag von Alexej von Jawlensky zum 100. Mal und Karl Schmidt-Rottluff feierte seinen 80. Geburtstag – geschenkt bekam, sondern beinhalteten noch einmal fast die gleiche Anzahl an Werken, die das Museum bis 1968 von Lühdorf erwarb und die damit ebenso aus seiner Sammlung stammen.
Nach Abschluss der Provenienzrecherche zeigt die Ausstellung gut 50 Jahre nach der Schenkung einen Querschnitt von etwa 70 Arbeiten von 19 Künstlern aus der Sammlung Lühdorf, darunter Max Beckmann, Erich Heckel, Alexej von Jawlensky, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Oskar Kokoschka, Franz Marc, Carlo Mense, Wilhelm Morgner, Emil Nolde und Karl Schmidt-Rottluff, die mit Aquarellen, Radierungen, Lithographien und Holzschnitten vertreten sind.
Klee, Marc, Nolde. Expressionistische Graphik der Sammlung Lühdorf
30. Oktober 2015 bis 24. Januar 2016