Huai He – Alles im Fluss

Nach seiner vielbeachteten Arbeit über das Leben der chinesischen Wanderarbeiter ("From Somewhere to Nowhere – China’s Internal Migrants", 2008) widmet sich der in Tokio lebende Schweizer Fotograf Andreas Seibert einem neuen brisanten Thema. Mit dem Projekt "Huai He – Alles im Fluss" beleuchtet er die alltägliche Wirklichkeit und die Herausforderungen des heutigen China.

Im Zentrum steht der rund 1000 Kilometer lange Huai-Fluss, dem Seibert von der Quelle bis zur Mündung entlang gereist ist. Die Fotostiftung Schweiz präsentiert in der Ausstellung "Huai He – Alles im Fluss", kuratiert von Peter Pfrunder, erstmals die Quintessenz seiner aufwendigen Recherchen.

Der Huai He gehört zu den wichtigsten Flüssen Chinas. Für Millionen von Menschen ist er eine zentrale Lebensader. Gleichzeitig spiegelt er exemplarisch die Veränderungen und Widersprüche des rasanten, ungebremsten Wachstums der chinesischen Wirtschaft: Obschon sich die Kulturen und Lebenswirklichkeiten in den verschiedenen Provinzen stark unterscheiden, sind die Menschen und Siedlungen entlang des Huai He überall mit der Tatsache konfrontiert, dass dessen Wasser heute mehr einer giftigen Kloake als einem lebensspendenden Element gleicht.

Die während mehreren langen Reisen entstandene Arbeit von Andreas Seibert ist ein dokumentarisches Projekt im klassischen Sinn. Die Eindringlichkeit seiner Bilder rührt nicht zuletzt daher, dass er dabei einen eigenen ästhetischen Ansatz verfolgt. In Seiberts Fotografien erhalten die abstrakten Fakten ein sinnliches Gesicht, das gerade in seiner Ambivalenz zu fesseln vermag. Seine Landschaftsbilder vermitteln trotz allem eine melancholische Schönheit, und seine Porträts zeigen Menschen, deren Würde und Stolz oftmals die innere Verzweiflung überstrahlt. Der Sinn des Fotografen für besondere Stimmungen und seine spürbare Sympathie für die Menschen, denen er auf seinen Reisen begegnet ist, sind wichtige Komponenten seines lyrischen Dokumentarstils.

Andreas Seibert. Huai He – Alles im Fluss
27. Oktober 2012 bis 17. Februar 2013