Herbert Boeckl-Retrospektive im Belvedere

Herbert Boeckl (1894-1966) zählt zu den Hauptvertretern der Moderne in Österreich. Er war ein bedeutender Vermittler von zentralen künstlerischen Idealen der Moderne vor dem Ersten Weltkrieg über die Zwischenkriegszeit bis in die Wiederaufbauzeit nach 1945. Als Maler und auch als Professor und später als Rektor der Akademie der bildenden Künste in Wien prägte der Adolf Loos-Schüler und Autodidakt mit seinem Werk und seinen Ansichten zu Kunst und Ästhetik den österreichischen Kunstbetrieb nachhaltig.

Aufbauend auf den Errungenschaften der "Neukunstgruppe" um Egon Schiele und Oskar Kokoschka avancierte Boeckl in den 1920er Jahren zum Hauptvertreter der expressiven modernen Malerei Österreichs, die sich vor allem mit Figuren und Landschaften befasste. Boeckls künstlerische Strategie unterscheidet sich stark von der graphischen Logik und Konsequenz des Jugendstils und auch von der Systematik des Kubismus. Die intensive Auseinandersetzung mit den Arbeiten von Paul Cézanne seit einer Studienreise nach Paris 1923 legte die Basis für eine neue, tektonische Auffassung der figurativen Malerei.

In den 1930er Jahren variierte Boeckl den zeittypischen Trend zur Klassik mit einem aufwühlend-pastosen Stil, der Körper zu Sinnträgern existentieller Fragen umdeutete - erkennbar vor allem in den Bildern und Zeichnungen der Serie Anatomie. Nach dem weitgehenden Rückzug vom offiziellen Kunstbetrieb während des Krieges setzte Boeckl ab 1945 die Lehre des Kubismus mit einem neuen, collageartigen Stil fort, der neben der Malerei auch in Fresken und Wandteppichen Anwendung fand.

Die Retrospektive einer der zentralen Figuren der modernen Kunst Österreichs präsentiert in einem Werküberblick der Jahre 1914 bis 1964 rund 150 Ölbilder, Aquarelle, Zeichnungen und Collagen, darunter etwa die Entwürfe für den größten sakralen Freskenzyklus der europäischen Moderne, den Boeckl 1952 bis 1960 in der Engelkapelle im Stift Seckau in der Steiermark malte.


Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog, der auch ein neues Werkverzeichnis der Ölbilder von Herbert Boeckl enthält.

Herbert Boeckl. Retrospektive
21. Oktober 2009 bis 31. Jänner 2010