Günter Brus - Herzeigung

"Herzeigung" wurde als Titel für eine Ausstellung gewählt, die das erste Mal die in ihrem Umfang und ihrer Qualität wohl herausragendste Privatsammlung zum Werk von Günter Brus einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert.

Hinter dem Kürzel THP verbirgt sich der Name eines Mannes, der über die letzten Jahrzehnte eine umfangreiche Sammlung des Künstlers aufbauen konnte, die von einem seiner ersten Aquarelle aus den späten 1950er-Jahren bis zu den neuesten Arbeiten aus dem Corona-Lockdown 2020 reicht.

Brus hat seine Einzelausstellungen in Galerien oder Museen, für die er seit 1975 auch eigene Einladungszeichnungen entworfen hat, immer als "Herzeigungen" bezeichnet und damit ungewöhnlich unzweideutig die bloße Funktion einer solchen Präsentation hervorgestrichen: das Herzeigen seiner Arbeiten.

Ästhetik der Unabgeschlossenheit

Günter Brus, der international als einer der wesentlichen Begründer der Körperkunst gilt, hat ein Oeuvre von geschätzten 40.000 Zeichnungen hinterlassen. Gerade der Handzeichnung haftet von jeher etwas Skizzenhaftes, Unvollendetes und Vorläufiges an, das trefflich mit einem Begriff, der sich aus der Kunst der Renaissance ableitet, als "non-finito" bezeichnet werden kann. Aus dem Italienischen für "nicht" bzw. "unvollendet" stammend, wird die Formulierung spätestens im 20. Jahrhundert zum Terminus technicus für eine Ästhetik der Unabgeschlossenheit. Gerade in dieser Unabgeschlossenheit spiegelt sich auch die Erkenntnis, dass das Ideal ästhetischer Vollkommenheit und der Anspruch einer allumfassenden Sammlung nicht erreicht werden kann. Die Zeichnung "Die Unvollendung" aus dem Jahr 1987 zählt daher auch zu den Lieblingsarbeiten des Sammlers und kann als programmatisch für seine Sammeltätigkeit verstanden werden.

Die THP Privatstiftung offenbart aber auch einen Sammler, der Werke zusammengetragen hat, um sie letztendlich für die Öffentlichkeit zu erhalten und zugänglich zu machen, denn es war ihm immer ein Grundanliegen, dieses Werke unprätentiös und pragmatisch zu verleihen, wann immer dies gewünscht wurde. In seinem Verständnis als Sammler spiegelt sich die Überzeugung, dass Kunstwerke immer der Öffentlichkeit gehören und man sie allenthalben als Leihbage auf Lebenszeit sein Eigen nennen darf. Er stimmt hierin mit dem großen Schweizer Sammler Oskar Reinhart überein, der zur Eröffnung der ersten Gesamtausstellung seiner Sammlung im Kunstmuseum Bern 1939 seiner Überzeugung Ausdruck verliehen hat, dass "Kunstwerke zwar rechtlich dem Einzelnen gehören, dass sie in einem höheren Sinn jedoch Allgemeingut seien und ihr Besitzer sich letztlich nur als ihr Sachwalter auf Zeit betrachten dürfe", so Rudolf koella in "Kunstsammlerinnen. Peggy Guggenheim bis Ingvild Goetz".

Verdichtete Zusammenschau

Günter Brus hat seine Einzelausstellungen in Galerien oder Museen als "Herzeigungen" bezeichnet und damit ungewöhnlich unzweideutig die bloße Funktion einer solchen Präsentation beschrieben: das Herzeigen der (neuen) Arbeiten. Seit 1975 zeichnet der Künstler für jede Einzelschau zudem eine eigene Einladung, die bereits die Stimmung und die Richtung der jeweiligen Ausstellung indizieren soll. Die gezeichneten Invitationen lesen sich daher wie eine verdichtete Zusammenschau seiner biografischen Wegmarken. 1977 betitelt er eine gemeinsame Ausstellung der Galerien Arte Arena und Jörg Stummer in der Schweiz mit "Herzeigung". Diese Einladungszeichnung ist das titelgebende Blatt der nunmehrigen Werkschau. Das Bruseum freut sich, mit der "Herzeigung" der Kollektion der THP Privatstiftung nicht nur diese bedeutende Privatsammlung zeigen zu dürfen, sondern auch seit zehn Jahren wieder eine retrospektive Werkschau des Künstlers präsentieren zu können.

Günter Burs. Herzeigung
Bruseum, Neue Galerie Graz, Joanneumsviertel, 8010 Graz
Bis 5. März 2023
Kuratiert von Roman Grabner