Richtig und wichtig, dass zum 80. Geburtstag von Tone Fink die umfangreiche Werkmonografie mit repräsentativem Querschnitt seines Schaffens der letzten sechzig Jahre erscheint. Auch die Sommerausstellung 2024 der Landeshauptstadt Bregenz im Palais Thurn und Taxis würdigte mit einer hausfüllenden Retrospektive den bedeutenden Künstler. Dank dieser liegt nun die gewichtige Publikation vor, anspruchsvoll konzipiert und gestaltet vom Grafiker Kurt Dornig.
Unvermittelt geht es mit ganz frühen Selbstportraits (1964, 1958) los und schon ist man mitten in der zeichnerischen typisch Fink´schen Erzählung ("Wie schmeckt der Sargnagel neben tratschenden Weibern", 18,5x24,5cm, 1967), signiert durchwegs noch mit "Anton Fink", das ändert sich erst ab 1974 ("Wieder nichts Schönes", 50x70cm, 1974, oder "Zipfeltechnik", 44x59,9cm, 1978).
Tone Fink solo.tone – der Buchtitel findet sich erst auf Seite 113, beim ersten Inlay mit den Texten, auf dünnerem, rauem Papier. Die Co-Herausgeberin Judith Reichart, Leiterin des Kulturservice Bregenz und Kuratorin der großen Schau, gibt den informativen Einstieg und Überblick, schlägt die Brücke zur großen Retrospektive: Die Haut – Das Papier und die Zeichnung – Die Skizzenbücher – die Tierstudien – Die Masken und Flugobjekte – Das erotische Narrativ – Das filmische Schaffen – Solitäre Manifestation.
Zum Jubiläum gab es im ORF (Österreichbild am Feiertag, 2023) ein aufschlussreiches Künstlerportrait, das die Kulturjournalistin Ingrid Bertel gestaltete. Den Titel "Der papierene Tänzer" gibt sie auch ihrem Beitrag im Buch und lässt uns an ihrer damaligen umfangreichen Recherche mit spannenden Passagen teilhaben. Weiters ist in ihrem Gespräch mit dem KUB Direktor Thomas D. Trummer Interessantes nachzulesen: "Was ich besonders mag: Ich glaube, man kann sein Werk am besten beschreiben mit dem Wort Gefährt. Die Dinge, die da zu sehen sind, werden aufgereiht in Kolonnen oder in Zügen, in Festzügen. Das sind Schaukeln, Leiterwägen, Rollwägen, Autos, das sind tatsächlich Gefährte, Vehikel, etwas, was sich in einem Raum bewegt, wo man mitziehen kann. Aber das deutsche Wort Gefährte hat auch einen anderen Sinn, nämlich eine Beteiligung. Das sind die Begleiter, die Freunde, die einen auf einer Reise, bei einem Schicksal, in der Erfahrung des Lebens begleiten – so wie bei Odysseus und seinen Gefährten. Das besonders gibt es bei Tone Fink, nämlich auch die Erzählung, die Poesie und die Geschichte."
Mit Aktionen, Szenenfolgen, Papiergehäusen, Papiergewändern, Masken, Skulpturen, "Napoleonisches Feldklo mit Deckel", "Leiterstelzenhochbank", "Rollrelaxer" … ist der zweite Teil bebildert. Im darauffolgenden Textinlay beginnt Florian Steininger, künstlerischer Direktor der Kunsthalle Krems, sehr persönlich mit einem Foto, auf dem er bei einer Performance während der Wiener Festwochen von Tone den "Sägemörder" in Form einer Sägerochenmaske aufgesetzt bekam. Er nähert sich treffend der Kunst des Protagonisten: "Häutung und Heilung. Tone Fink ist der Chirurg unter den Grafikern. Er seziert das Papier, er häutet das Blatt und versorgt es danach, verheilt die Wunden. Der Strich mit dem Stift ist verletzender Schnitt, die papierene Epidermis klafft auf und vernarbt."
Eine trockene Biografie wird man in solo.tone vergebens suchen, Tone Fink schreibt sie in seiner Art und in Großbuchstaben selbst: "KUNST.LEBEN – KÜNSTLICH ANSINNEN" KRIEG ICH EIN PAPIER / UND AN "BLIWIS" (BLEISTIFT)? / ROTHAARIGER SOMMERSPRÖSSLER / MUSS SICH BEHAUPTEN / STIFTE SIND MEINE WAFFEN. Und dann ist da noch der Schriftsteller Maximilian Lang, der Tone oft in seinem Atelier besucht: "'Der Stinkfink finkelt schon wieder am Tierblatt herum', sagte er, als er wieder in einem seiner Sinn- und Unsinnräusche war" … "Um ihn herum lagen unzählige Blätter auf dem Boden verstreut. Aus allen sprangen Tiere hervor, mit prächtigem Gefieder, riesigen Augen, mit langen Krallen, Zähnen und Stacheln". (Siehe ARCHE.TONE und sero.tone).
Auch für das Durchblättern des dritten Abschnitts mit den Werken der 2000er Jahre sollte man sich Zeit nehmen und bekommt zudem Einblick in die Unikatbücher, Skizzenbücher, ins Tàpiesbuch … Diese Art Edition ist eine Reise durch den künstlerischen Kosmos Tone Finks, man darf in persönlich kennenlernen, in den Geschichten die er selbst mit seinem Werk erzählt, und durchwegs unterhaltsam wie fundiert in den lesenswerten Textbeiträgen. Achtzig Exemplare sind als nummerierte, signierte Edition mit 3D-Cover aufgelegt, bei dem die Originalarbeit mit einem speziellen Laser-Scanner abgetastet und Schicht für Schicht auf Leinen gedruckt wurde.
Tone Fink solo.tone
Hg. Tone Fink, Judith Reichart
Hardcover 30,5×24,5 cm, 368 Seiten
Bibliothek der Provinz, Weitra
ISBN: 978-3-99126-286-2