Georgia Sagris - Konflikt, Überleben und Transformation

Georgia Sagris Ausstellung "Case_O. Between Wars" im Kunstmuseum Liechtenstein untersucht das komplexe Zusammenspiel persönlicher und kollektiver Kämpfe inmitten globaler Spannungen.

Mit einem künstlerischen Schaffen, das tief in Performance, Skulptur und gesellschaftlichem Engagement verwurzelt ist, durchquert Sagri das Spannungsfeld von Konflikt, Überleben und Transformation. Die Ausstellung untersucht, wie Kriege - sowohl innerhalb als auch außerhalb - Identitäten, Gesellschaften und Geschichte(n) formen und lädt das Publikum ein, sich mit diesen Themen durch immersive Erfahrungen, die Geist und Körper vereinen, auseinanderzusetzen.

"Case_O. Between Wars" ist die Fortsetzung von Sagris fortlaufender Serie "Cases" und folgt damit auf "Case_L" in der Kunsthalle Friart, Freiburg (2022). In "Case_L" konzentrierte sich Sagri auf physiologische Reaktionen auf Angstzustände und Panikattacken - wiederkehrende Themen in ihrer Forschungspraxis IASI (griechisch für "Erholung"). Während sich die Künstlerin in dieser Serie mit Verletzung und Heilung, Erschöpfung und Erholung auseinandersetzt, konzentriert sich "Case_O" auf die Spuren von Konflikt, Trauma und das Potenzial der Regeneration. Seit mehr als einem Jahrzehnt setzt Sagri in ihren Ausstellungen und Performances die von ihr entwickelte Forschungspraxis IASI ein. Ursprünglich als Methode entwickelt, um sich von den physischen und emotionalen Anforderungen ihrer Langzeitperformances zu erholen, verbindet IASI Atmung, Bewegung und Stimmtechniken, um Selbstfürsorge und kollektive Heilung zu fördern. Wie Sagri erklärt: "Der Atem ist der Sitz von Befreiung und Einschränkung. Er hat die Kraft, uns mit uns selbst und miteinander in Verbindung zu setzen, und kulturelle und sprachliche Barrieren zu überwinden".

In "Case_O. Between Wars" inspirieren die Überreste der IASI-Sitzungen einen Großteil des Ausstellungsmaterials. Von persönlichen und intimen Selbsterkundungen bis hin zu öffentlichen Performances hinterfragt Sagri soziale Strukturen und schlägt Wege für persönliche und gemeinschaftliche Veränderungen vor.

Die Ausstellung, die neben dem bestehenden Werk Sagris auch neue Arbeiten zeigt, stellt die dynamische Praxis der Künstlerin in einen Dialog mit sechs Werken der Nachkriegszeit aus der Sammlung Veronika und Peter Monauni - Dauerleihgaben des Kunstmuseums. Im Zentrum dieser Werke aus der Zeit des Wiederaufbaus in Deutschland in den 1950er Jahren steht die befreiende Geste als Reaktion auf die Kriegserfahrungen.

Ein zentrales Element der Ausstellung ist die Skulptur "Dynamis | Soma in orgasm as sex" (2017), 2023, eine ursprünglich für die documenta 14 konzipierte Arbeit, die nach ihrer Beschädigung bei der öffentlichen Präsentation von Sagri sorgfältig restauriert und 2023 als neues Kunstwerk im Rahmen ihrer Einzelausstellung Oikonomia (The Breeder, Athen) gezeigt wurde. Die Aluminiumskulptur, die die vereinten männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane darstellt, ist Ausgangspunkt und Ankerpunkt der Ausstellung. Sagri beschreibt den Orgasmus als "strukturelle Methodologie" seiner Arbeit, ein Ansatz, der traditionelle Vorstellungen von Körper, Sexualität und Ökonomie in Frage stellt. Für Sagri wird der Körper zu einem Ort des Widerstands und zu einem Medium, mit dessen Hilfe sie sich den sozialen Strukturen, die uns zu definieren versuchen, stellt und sie überwindet.

Ein wesentlicher Bestandteil der Ausstellung ist Sagris Performance City, die bei der Vernissage unter Mitwirkung des bekannten New Yorker Schauspielers Jim Fletcher Premiere feiert. Die 40-minütige Doppelperformance behandelt Themen wie Resilienz, Krieg und innere Konflikte. Sagris Körper wird zum Kanal für die Zyklen von Zerstörung und Erneuerung und fordert das Publikum auf, sich mit seiner eigenen Beziehung zu Krieg, Erinnerung und Überleben auseinanderzusetzen. Mehr als nur eine Performance, fungiert City im Rahmen der Ausstellung als lebende Skulptur, die die Teilnehmenden zu einer zutiefst persönlichen und gemeinschaftlichen Erfahrung einlädt.

Georgia Sagri, geboren 1979 in Athen, Griechenland, lebt und arbeitet in Athen und New York. Ihre künstlerische Arbeit umfasst Performance, Skulptur, Sound und Installation, wobei sie sich häufig auf den Körper als Ort des Widerstands und der Transformation konzentriert.

Neben ihrer künstlerischen Arbeit ist Sagri Gründerin von "Ύλη[matter]HYLE", einem hybriden Raum in Athen, der als Labor für Ideen und Experimente an der Schnittstelle von Kunst, Performance und politischem Diskurs dient. Mit diesem Raum fördert Sagri ein Umfeld der Zusammenarbeit, des Dialogs und der radikalen Kreativität. Sie ist Professorin für Performance an der Hochschule der Bildenden Künste in Athen. Ihr Buch "Stage of Recovery" ist bei Divided Publishing erschienen.

Im Kontext der Sammlung:
Georgia Sagri: Case_O. Between Wars
20. September 2024 bis 9. Februar 2025
Eröffnungsperformance: City von Georgia Sagri mit Jim Fletcher
Donnerstag, 19. September 2024, 17 Uhr
Weitere Performances: Samstag, 23. November 2024 und Sonntag, 24. November 2024, um 15 Uhr. Kurzführungen mit der Kuratorin Letizia Ragaglia beginnen um 14.30 Uhr.