Die exklusiv im Museum Kunstpalast in Düsseldorf präsentierte Ausstellung "El Greco und die Moderne" setzt erstmals in Deutschland die Malerei und Bildwelt des 1541 als Domenikos Theotokópoulos auf Kreta geborenen und 1614 in Toledo verstorbenen Künstlers ins Zentrum einer großen Ausstellung. Viele Vertreter der frühen Moderne nennen El Greco als wichtige Quelle der Inspiration und Faszination für die eigene Kunst, darunter so große Namen wie Cezanne, van Gogh, Picasso und Delaunay.
Die Ausstellung vereint über 100 Werke - Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen - von ungefähr 38 Künstlern der frühen Moderne mit mehr als 40 bedeutenden Arbeiten von El Greco, vor allem Porträts, Landschaften, religiöse Themen. Neben den Originalen von eigener Hand stammen zwei Werke der Ausstellung aus der Werkstatt El Grecos. Gezeigt werden so spektakuläre und einflußreiche Meisterwerke wie das einzig erhaltene Tafelbild, in dem sich El Greco mit der griechischen Mythologie beschäftigt, der "Laokoon" aus der National Gallery of Art, Washington, sowie das aus dem Metropolitan Museum of Art, New York, entliehene Werk "Die Öffnung des fünften Siegels".
Zu den besonderen Highlights der Ausstellung zählt zum Beispiel die Möglichkeit einer gemeinsamen Betrachtung des "Laokoon" mit Ludwig Meidners Werk "Drei Klagende in der Apokalyptischen Landschaft" sowie ein Vergleich der "Kreuzabnahme" von Max Beckmann aus dem MoMA, New York, mit El Grecos "El Espolio" aus der Alten Pinakothek, München. Die Leihgaben zur Schau stammen aus den weltweit größten Museen und bedeutenden Sammlungen wie dem New Yorker Museum of Modern Art, dem Museo Nacional del Prado, Madrid, dem Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid, dem Museo del Greco, Toledo, der National Gallery, London, der National Gallery of Scotland, Edinburgh, der Alten Pinakothek, München oder dem Musee du Louvre, Paris.
Entdeckt wurde das Werk El Grecos vom deutschsprachigen Publikum um 1910 durch das von Julius Meier-Graefe veröffentlichte Tagebuch "Spanische Reise". Der Kunsthistoriker und Schriftsteller Meier-Graefe ist El Grecos Gemälden 1908 in Spanien begegnet und hat von diesem, ihn stark beeindruckenden Kunsterlebnis berichtet. Als eine Auswahl von El Greco-Werken aus der Privatsammlung Marczell von Nemes in Deutschland zuerst 1911 in München und im Folgejahr 1912 in Düsseldorf gezeigt wurde, kam geradezu ein "El GrecoFieber" unter den jungen Künstlern auf: Maler wie Max Beckmann, Oskar Kokoschka, Max Oppenheimer oder Ludwig Meidner, vor allem aber auch die Vertreter des Blauen Reiter, August Macke, Franz Mare, Albert Bloch und andere, erkannten in dem Alten Meister eine der Vaterfiguren der Moderne: sie nannten ihn in einem Atemzug mit Cezanne. Mit seinen psychologisierenden Kompositionen wurde El Greco für die Avantgardekünstler zu einer Schlüsselfigur.
Obgleich das Thema El Greco und die Moderne in der kunsthistorischen Literatur seit 100 Jahren ein geläufiger Topos ist, war eine Ausstellung zu diesem Thema bislang ein Desiderat. Speziell das Spätwerk El Grecos mit seinen übersteigerten Figuren, den aufs Äußerste reduzierten oder ins Endlose ausgreifenden Bildräumen, den traumähnlichen Landschaften, sein manieristisch-ekstatischer Stil sowie das fahlgraue Kolorit, aus dem wenige Buntfarben suggestiv leuchten, erregte große Aufmerksamkeit.
Die Düsseldorfer Schau vermittelt einen faszinierenden Einblick in den Kampf um die Moderne und veranschaulicht zudem, daß El Greco, der Meister des spanischen Manierismus, mit seinen außergewöhnlichen Darstellungen von Raum und menschlicher Figur für viele Protagonisten der Avantgarde eine ähnlich prägende Rolle spielte wie der einflußreichste Vertreter der Frühmoderne, Paul Cezanne.
Die Ausstellung wird zwei wichtige Aspekte der Rezeptionsgeschichte verfolgen: einerseits wird El Greco, der ab 1910 in Deutschland mit Cezanne als einer der Väter der Moderne gilt, mit jenen Vertretern der Moderne zusammengeführt - Cezanne, van Gogh, Picasso, Delaunay -, als deren Vorläufer er damals von Kunsthistorikern, Museumsleuten, aber auch von Künstlern selbst erkannt worden ist. Andererseits soll die Wahlverwandtschaft zwischen deutschen und österreichischen Expressionisten wie Max Beckmann, Oskar Kokoschka, August Macke, Franz Marc, Ludwig Meidner, Max Oppenheimer und EI Greco, bzw. sein Einfluß auf jene, an ausgewählten Werken vorgestellt und überprüft werden. (Beat Wismer, Generaldirektor)
Dass die Ausstellung im Jahr 2012 in Düsseldorf realisiert werden kann, hat für die Stadt und die Geschichte der El Greco-Rezeption eine besondere Bedeutung. Vor 100 Jahren, im Jahr 1912 war eine Auswahl von zehn Gemälden El Grecos im Zusammenhang mit der Ausstellung der ungarischen Privatsammlung Marczell von Nemes in der Städtischen Kunsthalle Düsseldorf zu sehen. Ebenso wurden einige Bilder El Grecos in der Sonderbundausstellung in Köln zusammen mit Werken von Picasso und van Gogh präsentiert. Somit fand im Sommer 1912 für viele Künstler im Rheinland erstmals die Möglichkeit einer direkten Begegnung mit Werken von El Greco statt, deren Auswirkungen die Düsseldorfer Schau nun rückblickend mit beleuchtet.
Die 2012 im Museum Kunstpalast stattfindende Schau bildet einen spannungsreichen Auftakt für die im Jahr 2014 anläßlich des anstehenden 400. Todestags von El Greco geplanten großen Ausstellungen in Madrid und Toledo.
Zur Ausstellung erscheint im Verlag Hatje Cantz ein reich illustrierter Katalog mit ca. 400 Seiten. Buchhandelspreis: 49,80 Euro
El Greco und die Moderne
28. April bis 12. August 2012