Diego Velázquez - mehr als nur ein Porträtmaler

Im Herbst 2014 wird Diego Velázquez (1599-1660) zum ersten Mal im deutschsprachigen Raum eine Ausstellung gewidmet. Mit der Präsentation seiner bedeutendsten Gemälde gibt das Kunsthistorische Museum einen prägnanten Einblick in das vielfältige CEuvre des spanischen Hofmalers. Neben den Bildnissen der Infanten und Infantinnen aus der eigenen Sammlung werden zahlreiche Meisterwerke weiterer Genres erstmals in Wien zu sehen sein.

Diego Rodríguez de Silva y Velázquez kam in Sevilla zur Welt. Durch seine früh sichtbare Begabung wurde er bereits im Alter von 24 Jahren zum Hofmaler König Philipps IV. ernannt, dem er bis zu seinem Lebensende diente. Zwar gehörte die Produktion von offiziellen Porträts des Königs und seiner Familie zu den Hauptaufgaben jedes Hofkünstlers, doch erweiterte Velazquez dieses Metier auch auf Mitglieder des Hofes und entwickelte dabei eine so moderne, psychologisch tiefgreifende Sicht, dass jedes der Porträts den Betrachter bis heute in seinen Bann zieht. Über das Porträt hinaus übte sich der Künstler auch in den anderen damals in Spanien üblichen Kategorien des malerischen Repertoires: Er schuf in der Frühzeit Küchenstillleben und Gemälde mit religiösen Themen, später auch Mythologien und Historien.

Durch seine - von Tizian und EI Greco inspirierte Maltechnik mit lockerem Pinselstrich und einer raffinierten Farbwahl unterschied er sich von seinen Zeitgenossen, doch ist es vor allem seine höchst individuelle Sicht auf den Menschen, auf seine Welt und auf die Handlungsstränge einer Geschichte, die seine Gemälde aus der zeitgleichen Malerei heraushebt und ihn zu einer Art Unikum unter den Malern macht. Als Außenseiter bzw. Einzelgänger befasste er sich oft mit selbst gewählten Themen. Darin brachte er die philosophische Dimension des Werkes gekonnt auf den Punkt, wie dies etwa im "Besuch Apolls in der Schmiede Vulkans" der Fall ist.

Bald nach seiner Wiederentdeckung im 19. Jahrhundert wurde Velázquez von Eduard Manet zum "Maler der Maler" gekürt und als Vorläufer der Impressionisten gefeiert. Der Deutsche Carl Justi führte den spanischen Meister mit seiner 1888 erschienenen epochalen Monographie "Velázquez und sein Jahrhundert" in die deutsche und internationale Kunstgeschichte ein. Seither steht Velázquez im Mittelpunkt kunsthistorischer Diskussionen dies vor allem aufgrund seiner in den Gemälden zum Ausdruck kommenden, höchst persönlichen und unverwechselbaren poetischen und vor allem enigmatischen Bildthemen. Mit seiner ganz der Natur verpflichteten, verblüffend realistischen Sicht auf die Dinge tritt er aus seiner Zeit heraus. Im 19. und 20.Jahrhundert inspirierten seine Gemälde und Kompositionen unter anderem Francisco de Goya, Pablo Picasso, Francis Bacon und Salvador Dalf.

Auf Grund der engen dynastischen und politischen Beziehungen zwischen den habsburgischen Herrscherhäusern in Wien und Madrid im 17. Jahrhundert verfügt die Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums heute über herausragende Portraits des Hofmalers des spanischen Königs. Dank der Kooperation mit dem Prado in Madrid, der bis heute den Großteil von Velázquez" künstlerischem CEuvre beherbergt, werden darüber hinaus weitere Hauptwerke seines Schaffens in Wien zu sehen sein. Darunter befinden sich die große sevillanische "Anbetung der Könige", die während seiner ersten Italienreise entstandene, psychologisch raffiniert inszenierte Mythologie "Apoll in der Schmiede des Vulkan", ergreifende Bildnisse der Hofnarren oder hombres deI placer wie "Don Juan de Austria" oder "Calabazillas".

"Balthasar Carlos zu Pferde" und das Bildnis des königlichen Bruders Don Carlos, das prächtigste Ganzfigurenportrait der frühen Zeit am Hof, kommen ebenfalls aus dem Prado, ebenso wie die berühmte Landschaftsstudie der Villa Medici in Rom. Zu den weiteren hochkarätigen Leihgaben in der Ausstellung zählen der sevillanische "Wasserverkäufer" aus Apsley House in London, die bodegones (Küchenstillleben) aus dem Museum der Schönen Künste in Budapest und den Staatlichen Museen zu Berlin und "Balthasar Carlos mit dem Hofzwerg" aus dem Museum of Fine Arts in Boston. Den Höhepunkt bildet der berühmteste liegende weibliche Rückenakt der Kunstgeschichte, die so genannte "Rokeby Venus" aus der National Gallery in London.


Diego Velázquez
28. Oktober 2014 bis 15. Februar 2015