"Was trägt?" – die Montforter Zwischentöne 2023 gehen einen November-Monat lang auf Antwortsuche, an bewährten und ungewohnten Spielorten in Feldkirch, mit neuen Formaten, die inzwischen schon Tradition haben, wie "Salon Paula" und das "Hugo"-Siegerkonzert aus dem Wettbewerb für innovative Aufführungspraxis, sowie mit 24-Stunden-Wagnissen einer Marathon-Jazzperformance und –Lesung eines vollständigen Romans.
Wie gehen wir mit Unsicherheit um? Worauf können wir zählen, wenn der Boden schwankt? Wenn bisher Selbstverständliches in Frage gestellt ist? Das waren Ausgangsfragen bei der diesjährigen Programmkonzeption von Hans-Joachim Gögl und Folkert Uhde, die seit 2015 (anlässlich der Eröffnung des neu erbauten Montforthauses) die künstlerische Leitung der Montforter Zwischentöne innehaben.
"Stille, Tugend, Freundschaft, diese drei Begriffe bilden den roten Faden unseres diesjährigen Programms. Sie finden sich in allen Formaten des Festivals wieder, wovon die meisten Neuentwicklungen in Kooperation mit internationalen, sowie regionalen Künstler:innen sind und mit 'Strategien der Nähe' experimentieren: ungewöhnliche Räume, ein anderer Umgang mit Zeit, innovative Kombinationen von Kunstformen und Alltagskultur sowie Beteiligungsmöglichkeiten für möglichst intensive Begegnungen mit Werken und deren Resonanz in uns selbst." Hatten sie bisher jedes Jahr ein "Ensemble in Residence" eingeladen, ist es heuer eine "Philosophin in Residence", nämlich Ariadne von Schirach.
Mit dem "Begräbnis des Anstands" (Samstag 11.11.) nimmt man die Dramaturgie in Form eines Trauergottesdienstes wieder auf, in der Vorarlberger Baukünstler einen Andachts-Raum schaffen und wichtige Denker:innen eine Totenrede halten. Die Philosophin Ariadne von Schirach nimmt sich in ihrer Ansprache das Thema "Was trägt?" vor, für die Gestaltung des Ambientes wurden die NONA Architektinnen, in persona Nora Heinzle und Anja Innauer, beauftragt. Musikalisch begleitet wird der Abend durch den Sitar-Virtuosen Klaus Falschlunger, den Akkordeonisten Luciano Biondini sowie vom Klarinettisten Christoph Pepe Auer. Die beiden erstgenannten sind auch beim stimmungsvollen (und offenbar sehr beliebten) Morgenkonzert (Freitag 10.11.) zu hören.
Erstmals in Österreich zu erleben wird die Marathonperformance "Nik Bärtsch ́ MOBILE: 24-Stunden Musik-Ritual" (Samstag 18.11.) sein. Seit 1998 kreiert die Gruppe um den Jazzpianisten Nik Bärtsch Konzert-Konzepte von bis zu 36 Stunden Länge auf der ganzen Welt. Das Publikum kann kommen, sich in der Hör-, Sitz- und Chill-Landschaft im Montforthaus niederlassen und wieder gehen. Fünf Schwerpunktkonzerte (um 16:00 Uhr, 20:00 Uhr, 24:00 Uhr und am Samstag 12:00 Uhr) bilden Akzente.
Das zweite 24-Stunden-Wagnis ist die Lesung des Schriftstellers Ilija Trojanow, der seinen gesamten utopischen Abenteuerroman "Tausend und ein Morgen" (Samstag 2. 12.) non-stopp liest. Kommen, Gehen und Wiederkommen. Begleitet vom Trio Wladigeroff an Klavier, Klarinette und Trompete werden auch im Alten Hallenbad gemütliche Sitz- und Liegemöbel sowie eine Tag und Nacht geöffnete Bar geboten.
Spannend tönt sich der Rundgang zu fünf "Wunderkammern" des Innehaltens und der Reflexion "Was trägt?" (Samstag 25.11.) an. Zum Festivalthema hat Ariadne von Schirach zeitlose Antworten aus Lebenskunst und Philosophie formuliert. Das junge Feldkircher Architekturbüro SAAL hat die fünf Stationen als sinnliche Installationen des Innehaltens, des Hörens und des Selbstgesprächs gestaltet.
Den "Hugo – Internationaler Wettbewerb für neue Konzertformate" der Montforter Zwischentöne hat das Ensemble Lingua:Lyra gewonnen. Bei "Himmel und Hölle" (Samstag 25.11.) trifft Alte Musik auf Poetry Slam, Rap auf das historische Instrument der Nyckelharpa, auch Schlüsselharfe genannt. In Bewegung bleibt zudem das Publikum und steigt vom Festsaal der Stella im Erdgeschoß zur Kapelle im zweiten Stock auf.
Den vorweihnachtlichen Abschluss bildet das "Adventkonzert" (Donnerstag 7.12.) im Feldkircher Dom mit dem international gefeierten Renaissanceensemble Capella de la Torre und dem Kammerchor Feldkirch. "Eine einzigartige Klangwelt auf dem Höhepunkt der Polyphonie" ist angekündigt, das Publikum wird auf eine musikalische Reise in die Pracht der spanischen Renaissance mitgenommen.
Wer Glück hat oder gut vernetzt ist, wird zu einem Abend im "Salon Paula" eingeladen – nämlich in ein privates Wohnzimmer, wo man sich im Vorfeld bewerben konnte. Dialoge rund um das jeweilige Schwerpunktthema des Festivals und die Begegnungen mit außergewöhnlichen Persönlichkeiten oder Hauskonzerte im eigenen Freundeskreis zu ermöglichen, das war von Beginn an ein großes Anliegen der Montforter Zwischentöne.
Was trägt? Montforter Zwischentöne 2023
Festival vom 10.11. bis 7.12.2023
Altstadt Feldkirch, Montforthaus, Stella Vorarlberg, Altes Hallenbad,
Kulturbühne AMBACH Götzis und an Küchentischen im ganzen Land