Über zehn Jahre lang wurde an der Sommerresidenz von Wiens wohl berühmtestem Feldherrn Prinz Eugen von Savoyen gebaut: Im Jahr 1723 war die Anlage des Belvedere mit der Fertigstellung des Oberen Schlosses schließlich vollendet. Anlässlich des dreihundertjährigen Jubiläums dieses Ereignisses widmet sich das Haus seiner eigenen Geschichte.
Als architektonisches Ensemble wie auch als Museum stand das Belvedere über Epochen hinweg für die Inszenierung von Macht und Repräsentation: als Kulisse höfischer Feste, zeitweise als königliche Residenz, aber auch als Schauplatz der Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrags 1955. Die umfangreiche Ausstellung thematisiert die wechselnde Nutzung der barocken Schlossanlage und zeichnet die institutionelle Entwicklung des Belvedere als Museum nach.
Im Jahr 1777 öffnete Maria Theresia die kaiserliche Gemäldegalerie im Oberen Belvedere für die Öffentlichkeit – eine bahnbrechende Entscheidung, die im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus steht: Die Sammlungen dienten nun nicht mehr nur höfischer Repräsentation, sondern wurden als Instrument zur Bildung des breiten Publikums eingesetzt. Über die folgenden Epochen hinweg war das Belvedere nicht nur Ort der Kunst, sondern auch Kulisse glanzvoller Feste wie der Hochzeitsfeier von Marie Antoinette, Residenz des Thronfolgers Franz Ferdinand oder Schauplatz der Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrags. Dies alles spiegelt sich in seiner Bau- und Sammlungsgeschichte wider.
Die Bedeutung des Belvedere als zentraler Ort der Kunst über die Jahrhunderte hinweg wird in der Ausstellung anhand der Sammlungsbestände sichtbar gemacht: In ihnen spiegeln sich die wechselnden inhaltlichen Schwerpunktsetzungen der Institution wider. Aufschluss geben dabei auch die Zirkulation und der Transfer von Objekten, also Zu- und Abgänge von Werken aus der Sammlung aufgrund von Museumsreformen und Tauschgeschäften. Gerade in der NS-Zeit von 1938 bis 1945 nimmt das Museum als Akteur und Profiteur der rassistischen Beraubungs- und Kulturpolitik des Nationalsozialismus eine zentrale Rolle ein. Die Provenienzforschung zur Geschichte der ab 1933 erworbenen Werke hat seit dem Erlass des Bundesgesetzes zur Rückgabe von Kunstwerken im Jahr 1998 zu zahlreichen Restitutionen an die rechtmäßigen Erb:innen der ehemaligen Eigentümer:innen geführt – prominentestes Beispiel ist die Rückgabe von Klimts sogenannter „Goldener Adele“, dem Porträt von Adele Bloch-Bauer I im Jahr 2006.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die an den Gebäuden und Gärten des Belvedere entstandenen Kriegsschäden restauriert und die Galerie mit den Sammlungen wiedereröffnet. 1955 kommt es im Oberen Belvedere zur Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrags, der vom Balkon aus der Bevölkerung präsentiert wird. Mit der Eröffnung des 21er Haus (seit 2018: Belvedere 21) als Museum für zeitgenössische Kunst knüpft das Belvedere 2011 nach über 100 Jahren an den Gründungsauftrag der Modernen Galerie an.
Die Ausstellung spannt einen Bogen von der Fertigstellung des oberen Schlosses im Jahr 1723 bis ins Heute und beleuchtet die Rolle des Belvedere als Museum in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft.
Das Belvedere
300 Jahre Ort der Kunst
Unteres Belvedere, Orangerie
2. Dezember 2022 bis 7. Jänner 2024