Im Rahmen der Dauerpräsentation Wien 1900 widmet das Leopold Museum den kaum bekannten Darstellungen von Patientinnen und Patienten in medizinischen Einrichtungen von Erwin Dominik Osen (1891–1970) und seinem Künstlerfreund Egon Schiele (1890–1918) eine Fokusausstellung.
Im Zentrum stehen kürzlich im Nachlass des Elektropathologen Stefan Jellinek (1871–1968) entdeckte, vom Leopold Museum erworbene Patient_innenporträts von Osen, der sowohl Weggefährte und Modell Schieles, als auch Mitbegründer der Neukunstgruppe war. Die 1915 im Wiener Garnisonsspital II unter Jellinek angefertigten Zeichnungen werden seinen bereits 1913 im Auftrag des Allgemeinmediziners Adolf Kronfeld (1861–1938) in der psychiatrischen Klinik "Am Steinhof" entstandenen Patientenporträts sowie jenen Darstellungen von Schwangeren und Neugeborenen gegenüber gestellt, die Schiele 1910 durch die Unterstützung des Gynäkologen Erwin von Graff (1878–1952) in der II. Frauenklinik anfertigen konnte. Die Präsentation behandelt Fragen zum Entstehungshintergrund der Werke, zu Blickregime und Objektifizierung, sie skizziert darüber hinaus die biografischen Berührungspunkte zwischen den beiden Künstlern und reflektiert über ihren jeweiligen Beitrag zu einer "klinischen Moderne".
In seinem 1855 im Sammelband "Leaves of Grass" veröffentlichten Gedicht "I Sing the Body Electric" feierte der US-amerikanische Dichter Walt Whitman (1819–1892) die menschliche Körperlichkeit als unsere Psyche. Whitmans Text weist damit voraus auf Osens und Schieles Interesse am menschlichen Körper als Subjekt und als jenes Medium, durch das wir uns selbst und unsere Beziehungen zu anderen erfassen.
The Body Electric: Erwin Osen – Egon Schiele
Ab Wiedereröffnung bis 26. September 2021
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