In Between

Die Künstlerin Vera Comploj (Bozen, 1983) eröffnet die Ausstellungsreihe 2013 im Project Room des Museion. In diesem "Projektraum" werden seit dem Frühjahr 2012 vor allem neue Arbeiten – auch aus Südtirol – gezeigt. Comploj stellt dort ihre bislang unveröffentlichte Werkgruppe "In Between" vor – Schwarz-Weiß-Fotografien und ein Video, die Drag Queens in News York, Washington und San Francisco in Backstage-Bereichen portraitiert. Diese Ausstellung ist Teil eines umfassenden Projekts, das die Künstlerin kurze Zeit nach ihrem Umzug nach New York begonnen hatte.

"In Between" könnte man auf deutsch mit dem Adverb "dazwischen" übersetzen. Schon der Ausstellungstitel weist also auf den Augenblick der Verwandlung oder den Raum des Übergangs zwischen Mann und Frau, Wirklichkeit und Fiktion, Lebenswirklichkeit und Theaterillusion hin, die das Leben von Drag Queens bestimmen und für die sich die Künstlerin hier besonders interessiert. Mit der Kamera betritt sie dann auch Umkleideräume, Korridore und private Rückzugsräume, in denen sich diese "Königinnen der Nacht" für ihre schrillen Bühnenshows vorbereiten. Allerdings zeigen diese Bilder nur den jeweils letzten Moment im Zusammentreffen zwischen der Fotografin und der portraitierten Person und deren Umgebung.

Die von Vera Comploj abgelichteten Drag Queens gehören nicht einer luxuriösen Glamourwelt, sondern eher einer schmuddeligen "Underground"-Szene an. So zeigen diese Bilder den Glanz von Tüll und Pailletten, perfekte Make-Ups, ausgefallene Frisuren und bunte Kostüme in beengten Räumen, die von den Drag Queens in jenen Bars gemietet wurden, in denen ihre Auftritte stattfinden. Eine von "Paradiesvögeln" bewohnte Scheinwelt: So sieht man ein Ballkleid mit Chanel-Logo vor Toilettenpapier oder einen travestierten Mann, der sich – im Bademantel vor einem ungemachten Bett – wie eine Diva in Pose stellt. Dieser Kontrast spiegelt sich auch in der Anordnung der Bilder wieder. "Konstruierte" Bildausschnitte treffen auf Zufallsaufnahmen, Frontalportraits wechseln sich mit perspektivisch dezentral fotografierten oder "zerschnittenen" Gesichtern und Körpern ab.

Jedes Foto hat hier eine eigene Geschichte, die fotografierten Drag Queens wechseln. Nur das Video macht da eine Ausnahme und portraitiert den fünfzigjährigen und aus Singapur stammenden Tiara, der vor der Kamera einen Tanz aus seinem Heimatland zeigt. Die Bildmontage des Videos wandert von Weiß zu Schwarz, von einem maskierten zu einem offenen Gesicht, vom unbewegten Körper zu sinnlichen und verführerischen Tanzschritten.

Mit dieser Arbeit nähert sich Vera Comploj einer Richtung in der Fotografie an, die sich in den späten siebziger und frühen achtziger Jahren mit der Darstellung des menschlichen Körpers, mit Genderfragen und mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen auseinander gesetzt hat – Beispiele dafür sind etwa die Arbeiten von Peter Hujar und Mark Morrisroe oder von Nan Goldin, die auch in der Sammlung Museion vertreten ist. Die Arbeit von Vera Comploj geht anhand von Transformationsprozessen zwar ebenfalls auf die Suche nach Identität, bewahrt dabei aber eine größere Distanz als die Tradition ihrer Vorgängerinnen und Vorgänger.

Vera Comploj (Bozen, 1983) lebt und arbeitet in New York. Die Künstlerin war unter den Finalisten des von Vogue US, Bottega Veneta und RED Camera ausgeschriebenen Preises zur Entdeckung neuer Talente der Modefotografie "New Exposure".

In Between
25. Januar bis 7. April 2013
Eröffnung: 24. Januar 13, 19.30 Uhr
Museion Project Room