Barbara Stanwyck-Collection

14. September 2017 Walter Gasperi
Bildteil

Von Billy Wilders Meisterwerk "Double Indemnity" bis zu den TV-Serien "Big Valley" und "Die Dornenvögel" brillierte die 1907 in New York geborene Barbara Stanwyck immer wieder in der Rolle starker, oft auch herrschsüchtiger Frauen. Bei Schröder Media ist eine Doppel-DVD mit sechs Filmen des 1990 verstorbenen Hollywood-Stars erschienen.

Die 1940er Jahre waren die große Zeit Barbara Stanwycks. Dreimal wurde sie in diesem Jahrzehnt für den Oscar nominiert. Mit Lewis Milestones "The Strange Love of Martha Ivers" (1946) und Frank Capras "Meet John Doe" finden sich zwei Filme aus dieser Phase auf der Doppel-DVD, aus dem folgenden Jahrzehnt stammt Fritz Langs "Clash by Night – Vor dem neuen Tag" (1952), in dem Stanwyck eine Frau spielt, die nach einem selbstbestimmten unabhängigen Leben strebt.

Mit "Gambling Lady – Die Spielerin" (1934), der nicht zu verwechseln ist mit Preston Sturges´ Meisterwerk "The Lady Eve – Die Falschspielerin" (1941), fehlt aber auch ein früher Film Stanwycks nicht. Noch keine der für sie typischen harten und dominanten Frauen spielt sie in Archie Mayos leichtfüßigem Drama, wohl aber eine selbstbewusste und unabhängige Spielerin. Dem hartnäckigen Werben des aus der Oberschicht stammenden Garry (Joel McCrea) kann sie auf Dauer freilich nicht widerstehen. Bald wird geheiratet, doch eine eifersüchtige Ex-Geliebte Garrys, versucht die Ehe zu zerstören.

Typisch für den frühen Tonfilm lebt "Gambling Lady" mehr vom Dialog als von der Bildgestaltung, allzu sprunghaft ist auch die Handlungsentwicklung. Leidlich unterhaltsam ist dieser Film dennoch, nicht zuletzt deshalb, weil er noch einer Eindruck von den Freiheiten des Pre-Code-Hollywood vermittelt. So sind hier nicht die Betreiber der Spielhöllen unsympathisch, sondern vielmehr die Polizei, die das Glücksspiel unterbinden will, und ziemlich deutlich wird auch ein Seitensprung Garrys angedeutet, der aber locker vergeben wird, da sowohl Mann auch Frau wenigstens ein Fehltritt zustehe.

Schon andernorts vorgestellt wurden Langs Melodram "Clash by Night"und Capras teils bissige, teils auch sentimentale Satire "Meet John Doe", wenig bekannt ist dagegen Lewis Milestones Noir-Melodram "The Strange Love of Martha Ivers". Eine fatalistische Stimmung evoziert hier schon der in einer düsteren Regennacht des Jahres 1928 spielende Prolog.

Ein Beziehungsdreieck wird mit der jugendlichen Martha und den gleichaltrigen Sam (Van Heflin) und Walter (Kirk Douglas) eingeführt. Während Martha mit Sam aus Iverstown und der Herrschaft ihrer verhassten Tante abhauen will, will Walters Vater seinem Sohn durch diese steinreiche Frau den sozialen Aufstieg ermöglichen. Doch bei einem Streit tötet Martha vor Walters Augen ihre Tante.

Mit einem Schnitt überspringt Milestone 18 Jahre und lässt die Haupthandlung mit der Rückkehr des Weltkriegsveteranen Sam in seine Heimatstadt einsetzen. Martha hat Walter zwar geheiratet, ihre Gefühlskälte hat ihn aber in den Alkoholismus getrieben. Als er von der Rückkehr Sams erfährt, will er ihn möglichst rasch loswerden, glaubt er doch, dass Sam ihn und Martha wegen des Tods der Tante erpressen will. Martha aber scheint immer noch in Sam, der gerade eine Beziehung mit der mittellosen Tony (Lizabeth Scott) begonnen hat, verliebt zu sein.

Steht somit einerseits mit Martha eine Frau zwischen den zwei Männern Walter und Sam, stets andererseits wiederum Sam zwischen den zwei Frauen Martha und Tony. Bestechend differenziert arbeitet Milestone dieses Beziehungsgefüge, die Abhängigkeitsverhältnisse sowie die Gier nach Macht und Geld heraus.

Bauen kann er dabei auf eine perfekte Besetzung, bei der vor allem Kirk Douglas in seiner ersten Rolle mit dem schwachen und feigen Walter eindrucksvoll einen Kontrapunkt zu seinen späteren Heldenrollen setzt. Er ist ein Opfer der Habgier seines Vaters, wurde in eine Position gedrängt, der er in keiner Weise gewachsen ist, leidet gleichzeitig unter der Gefühlskälte Marthas.

Stanwyck wiederum brilliert als mächtige Industrielle, die mit der Übernahme der Position der Tante auch charakterlich in deren Fußstapfen getreten ist und keine Skrupel kennt. Zu wahren Gefühlen sind hier nur Sam und Tony fähig, die freilich bezeichnenderweise zur Unterschicht zählen und gesellschaftliche Außenseiter sind.

Konsequent entwickelt Milestone die Handlung, erzeugt dichte und düstere Atmosphäre durch großartige Schwarzweiß-Fotografie und die Dominanz von Nachtaufnahmen. Wie oft im Film noir bricht auch hier eine übermächtige Vergangenheit in die Gegenwart herein, nur in der Flucht aus Iverstown können Sam und Tony das Glück suchen, während für Martha und Walter einzig der Tod Erlösung bringen kann.

Mit diesem Meisterwerk können die beiden Anfang der 1970er Jahre gedrehten Fernsehfilme "A Taste of Evil - Hauch des Bösen" und "The House That Would Not Die - Das Geisterhaus", die auch hinsichtlich der Bildqualität nicht überzeugen können, nicht mithalten. Wenig Atmosphäre entwickelt "Hauch des Bösen", erzeugt mit den scheinbaren Halluzinationen der aufgrund einer Vergewaltigung in der Kindheit traumatisierten Susan dennoch Spannung.

Dazu trägt auch die schnörkellose Entwicklung der Handlung bei, die mit mehreren überraschenden Twists aber auch sehr konstruiert wirkt. Für Stanwyck bietet der Film der Rolle einer Mutter, die erst gegen Ende ihr wahres Gesicht zeigt, eine Paraderolle, auch wenn die Regie ihr kaum Raum zum Spielen lässt.

Ein schnörkelloser kleiner Gruselfilm ist "Das Geisterhaus". Die Handlung setzt damit ein, dass Ruth (Barbara Stanwyck) mit ihrer Nichte das im 18. Jahrhundert erbaute Haus einer verstorbenen Tante bezieht, bald aber feststellen muss, dass es hier spukt und immer wieder ein Geist von der Nichte besitzt ergreift.

Mit einem benachbarten Professor und einem seiner Studenten machen sich die beiden Frauen auf die Suche nach den Wurzeln des Spuks und stoßen dabei auf eine Tragödie, die sich während des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs in diesem Haus abspielte. Leidlich unterhaltsam ist der Film durch seine routinierte und kompakte Inszenierung, kann aber der schon häufig erzählten Geschichte keine neuen Facetten abgewinnen.

An Sprachversionen bietet die bei Schröder Media erschienene Edition leider nur die deutsche Synchronfassung, Extras fehlen völlig.

Trailer zu "The Strange Love of Martha Ivers"