Albrecht Dürer und sein Kreis

Unter den reichen Beständen des Kupferstichkabinetts an deutschen und schweizerischen Zeichnungen aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts befindet sich eine Reihe von Werken Albrecht Dürers (1471–1528) und von Künstlern, die zeitweise in seinem engeren Umfeld oder seiner Werkstatt in Nürnberg tätig gewesen sind: Hans Baldung Grien (um 1485–1545), Hans Schäufelein (um 1480–1539/40), Hans von Kulmbach (um 1485–1522) und Hans Springinklee (um 1495–um 1540).

Dürer, der im Zentrum der Ausstellung steht, ist gerade einmal mit sechs gesicherten Zeichnungen vertreten. Doch die Zahl erhöht sich auf etwa 140, wenn man ihm diejenigen zuschreibt, die er möglicherweise während seines Aufenthalts in Basel, also um 1492, wohl unter Beteiligung von Mitarbeitern zur Illustration einer lateinischen Ausgabe der Komödien des Terenz auf Holzstöcken ausgeführt hat. Gezeigt werden in der Ausstellung etwa 100 Zeichnungen, also eine grössere Auswahl des umschriebenen Werkkomplexes.

Die meisten Basler Zeichnungen der Zeit Dürers stammen aus der Sammlung des Juristen Basilius Amerbach (1533–1591). 1661 erwarb die Stadt Basel Sammlung und Bibliothek von den Erben Amerbachs, der selbst kinderlos geblieben war, und übergab sie der Basler Universität. Amerbach hatte die hohe künstlerische Qualität der Zeichnungen aus der Zeit von Dürer und den Holbeins erkannt und offenbar gezielt nach ihnen gesucht. Er bemühte sich auch um die Erwerbung von druckgraphischen Werken und Zeichnungen Dürers, doch waren letztere in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts längst schon in bürgerliche und fürstliche Sammlungen gelangt.

Nur eine Zeichnung konnte Amerbach schliesslich erwerben, wohl aus Zürcher Besitz: einen Affentanz, welchen Dürer 1523 auf die Rückseite eines Briefes an den Zürcher Dompropst Felix Frey gezeichnet hatte. Nach Rechtsstreitigkeiten konnte die auf die Amerbach-Bestände zurückgehende Sammlung der Basler Universität auch die Zeichnungen, druckgraphischen Werke und Gemälde aus dem sogenannten Museum der Familie Faesch seit 1823 ihr eigen nennen, einem von dem Basler Juristen und Sammler Remigius Faesch (1595–1667) angelegten und grösstenteils auch bestückten Kunst- und Raritätenkabinett.

Unter den Altmeisterzeichnungen mit Faesch-Provenienz befinden sich Blätter von Dürer, Baldung, Schäufelein und Leu. Mit den Gemälden, zu denen das Doppelbildnis des Basler Bürgermeisters Jakob Meyer zum Hasen und seiner Frau von Hans Holbein dem Jüngeren gehört, kam auch eine Anbetung der Heiligen Drei Könige sehr wahrscheinlich bei dieser Gelegenheit in den Bestand der Öffentlichen Kunstsammlung Basel. Diese Tafel, die in der Ausstellung zu sehen ist, steht vor allem hinsichtlich der Figurentypen den erwähnten Holzstöcken zum Terenz nahe, die als Werke Dürers diskutiert werden.

Peter Vischer-Passavant schenkte 1849 der Öffentlichen Kunstsammlung einen Entwurf für die Mitteltafel des sogenannten Ober-Sankt-Veiter Altars, der damals als Werk Dürers galt. Eine veritable Dürer-Zeichnung, die Heilige Familie in der Halle von 1509, kam 1851 als Geschenk der Erben von Peter Vischer-Sarasin in die Sammlung. Die Verzückung der heiligen Maria Magdalena von Baldung stammt aus dem Fundus des Basler Malers und Kunsthändlers Samuel Birmann (1793–1847), dessen Nachlass nach Mitte des 19. Jahrhunderts in die Öffentliche Kunstsammlung überführt wurde. Baldungs Zeichnung Der Tod mit gesenkter Fahne und Leus Christus am Ölberg gelangten als Vermächtnis von Tobias Christ beziehungsweise als Schenkung von dessen Erben 1947 in das Museum.

Den grössten Zuwachs an Altmeisterzeichnungen, darunter sehr bedeutende Blätter von Dürer, Baldung, Schäufelein und Springinklee, erfuhr das Kupferstichkabinett 1959 als Schenkung der Firma Ciba. Zusätzlich schenkte sie 1962 Kulmbachs Vierpass-Scheibenriss mit thronender Maria und Kind. Kulmbachs Zeichnung Frau in Nürnberger Tracht war dem Kabinett bereits 1959 von Heinrich Sarasin-Koechlin geschenkt worden. Der Grosszügigkeit von Richard und Ulla Dreyfus-Best ist eine wichtige Zeichnung Baldungs zu verdanken. Sie schenkten 2012 aus Verbundenheit mit der Stadt Basel und dem Kunstmuseum das Studienblatt mit sieben Köpfen, darunter der Tod, das den bedeutenden Bestand des Kupferstichkabinetts an Baldung-Zeichnungen aus der Zeit um 1513–15 auf ideale Weise ergänzt.


Albrecht Dürer und sein Kreis
Zeichnungen aus dem Kupferstichkabinett des Kunstmuseums Basel
Kunstmuseum Basel, Zwischengeschoss,
1. November 2014 bis 1. Februar 2015