64. Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg – Eine Vorschau

Um einen Monat vorverlegt und von zehn auf sechzehn Tage verlängert wurde das Internationale Filmfestival Mannheim-Heidelberg (9.10. – 24.10. 2015) heuer. Neu aufgenommen wurden ins 73 Filme umfassende Programm auch Serien, die das vielfältige Filmangebot mit Festivalhits, dem Wettbewerb für Newcomer, Kinderfilmen sowie einem Schwerpunkt auf dem aktuellen türkischen Kino nochmals bereichern.

Zu den Großen des Kinos zählen heute Regisseure wie Mike Leigh, Jim Jarmusch, Lars von Trier, Thomas Vinterberg, Patricio Guzman und Wim Wenders. Gemeinsam ist ihnen, dass sie ihre ersten Filme ebenso wie Krzystof Kieslowski, Rainer Werner Fassbinder, Atom Egoyan oder Brian Singer in Mannheim zeigten, hier entdeckt wurden.

Das Festival, das heuer mit Armel Hostious "Une histoire américaine (Stubborn)" eröffnet wird, bietet aber nicht nur die Chance für Entdeckungen, sondern präsentiert auch das "Weltkino" der Gegenwart. Von Jacques Audiards Cannes-Sieger "Dheepan" über Nanni Morettis "Mia Madre" und Arnaud Desplechins "Trois souvenirs de ma jeunesse – My Golden Days" bis zu Cédric Kahns "Vie sauvage" und Naomi Kawases "Kirschblüten und rote Bohnen" spannt sich hier der Bogen der Filme, die vor dem deutschen Kinostart gezeigt werden. Aber auch schon gestartete Filme wie Abderrahmane Sissakos großartiger "Timbuktu", Frederic Wisemans "National Gallery" oder Mia Hansen-Loves "Eden" kann man hier noch nachholen.

Als "Master of Cinema" wird heuer Olivier Assayas geehrt. Begleitend zur Auszeichnung mit dem "Master of Cinema Award" bietet das Festival mit den Filmen "Sils Maria", "Carlos", "Irma Vep" und "Après Mai – Die wilde Zeit" zudem einen Einblick in das vielfältige Werk des sehr produktiven Franzosen.

Vor allem ist Mannheim-Heidelberg wie die Geschichte des Festivals und auch der sehr starke letzte Jahrgang zeigte, immer wieder ein Ort der filmischen Entdeckungen. 22 Filme, die aus über 1000 Einreichungen ausgewählt wurden, konkurrieren um den "Grand Newcomer Award Mannheim-Heidelberg" sowie weitere Preise.

Die Bandbreite reicht dabei von der mexikanischen Komödie "Jeremy", in der Anwar Safa von einem weit überdurchschnittlich intelligenten Jungen erzählt, bis zu "Nullpunkt" des Esten Mikhel Ulk, in dem ein 17-Jähriger lernen muss, sich gegen seine Mitschüler, die ihn mobben, zu behaupten. Der Türke Murat Eroglu wiederum erzählt in seinem Debüt "Before Sunrise" von einem Vater und seinem achtjährigen Sohn, die von den kargen Einkünften aus dem Obst- und Gemüseverkauf leben müssen. Vater und Sohn stehen auch im Mittelpunkt von "Gluckauf – Son of Mine", in dem Remy van Heugten sich dem Überlebenskampf der durch die Schließung von Kohlegruben Arbeitslosen widmet.

Während Nordamerika im Wettbewerb nur durch den Kanadier Stéphan Beaudoin vertreten ist, der in "The Lion´s Path" von jungen Leuten erzählt, die auf der Suche nach dem richtigen Leben und dem wahren Selbst sind, kommen aus Lateinamerika fünf Produktionen, drei davon aus Mexiko. Europa stellt mit 14 Beiträgen das Hauptkontingent, Afrika fehlt dagegen völlig, Asien ist mit einem Film aus Bangladesch ("Jalal´s Story" von Abu Shabed Emon) und dem immer wieder spannenden Filmland Iran ("Road to Shahriyar" von Vahid Qazimirsaeid) vertreten.

Gespannt sein darf man auch auf die neue Sparte "Serien", in der acht Beiträge, darunter vier als Weltpremiere, um die Preise konkurrieren. Neben europäischen Produktionen finden sich hier auch eine kanadische und eine australische Produktion.

Einen spannenden Einblick nicht nur in das aktuelle türkische Kino, sondern auch die türkische Gesellschaft, ihre Spannungen und Probleme dürfte die Sektion "Turk Film Festivali" bieten, in der sechs Filme – fünf Spielfilme und ein Dokumentarfilm – laufen. Gegenpol zu diesem Blick in die Ferne ist die Präsentation von Filmen, die von Baden-Württemberg gefördert wurden, sowie drei Arbeiten von lokalen Filmemachern.

Wie schon in den vergangenen Jahren denkt man in Mannheim-Heidelberg aber auch an das ganz junge Publikum. Neben sechs aktuellen Kinderfilmen gibt es hier ein Kurzfilmprogramm ebenso wie mit "Tatis Schützenfest" einen Klassiker, der auch bei einem jüngeren Publikum Lust und Interesse an der Filmgeschichte wecken könnte.