WerkStadt Vienna: Design engaging the City

Welche Projekte entstehen, wenn außergewöhnliche Geschäfte, Werkstätten oder Traditionsläden mit internationalen DesignerInnen in ein temporäres experimentelles Projekt verstrickt werden, ist ab 12. Dezember 2012 in der Ausstellung "WerkStadt Vienna: Design engaging the City" im MAK zu sehen.

Seit 2006 finden im Rahmen der "Vienna Design Week" die "Passionswege" statt, für die von der Neigungsgruppe Design (2006 von Tulga Beyerle, Thomas Geisler und Lilli Hollein gegründet) jährlich bis zu zehn Kooperationen von DesignerInnen mit Wiener Unternehmen initiiert werden. Die Ausstellung zeigt eine Auswahl der knapp 40 bis 2012 entstandenen Projekte, die zu einem Wiederentdecken lokaler Produktionswerkstätten führten.

Die von Sophie Lovell kuratierte und vom niederländischen Studio Makkink & Bey (Rianne Makkink, Juergen Bey) gestaltete Wanderausstellung wurde im September anlässlich der World Design Capital Helsinki 2012 in kleinerer Form erstmals präsentiert und nun um Bezüge zur MAK-Sammlung ergänzt.

Die "Passionswege" lenkten das Interesse österreichischer und internationaler Designer wie Tomás Alonso (ES), Mark Braun (DE), Marco Dessí (IT), Philippe Malouin (CA), Max Lamb (GB), mischer"traxler (AT), Charlotte Talbot (FR) und Daniel Posta (CZ) auf das unschätzbare Materialwissen und Können traditioneller, aber auch jüngerer Werkstätten und Geschäfte und belebten deren innovatives Potenzial. Viele der Traditionsbetriebe, die maßgeblich die Wiener Gestaltungskultur prägten, wie J. & L. Lobmeyr, die Neue Wiener Porzellanmanufaktur Augarten oder die Wiener Silber Manufactur, sind eng mit der Geschichte des MAK verbunden und in seiner Sammlung dokumentiert.

Angelegt als offener Prozess, mündeten die Projekte nicht notwendigerweise in eine Produktentwicklung, sondern respektierten auch unternehmensberaterische Leistungen als Resultat. Damit unterscheiden sich die "Passionswege" wesentlich von anderen Initiativen zur Belebung des Handwerks durch Design.

Als "Shopping-Tour" konzipiert, reflektiert WerkStadt Vienna auch die Zugänge von DesignerInnen, HandwerkerInnen sowie Manufakturen und deren Zusammenarbeit. Die in drei Bereiche – "Auslage in Arbeit", "Werkstatt der Gegensätze", "Mehrwert ohne Steuer" – gegliederte Schau erfährt im MAK eine Erweiterung um einen vierten Bereich, Der Kunde ist König, der Wien als historischen wie zeitgenössischen Produktionsstandort thematisiert– die Stadt als "WerkStadt".

Der Ausstellungsbereich "Auslage in Arbeit" lädt zu einem Rundgang durch eine Wiener Stadtkulisse. Geschäftsfassaden erinnern an Einkaufsstraßen, Schaufenster repräsentieren die Schnittstelle zwischen den Waren und Welten der Designschaffenden, der Unternehmen und der Kundschaft. Ziel ist es, die Ware zum Wunschobjekt werden zu lassen.

Der Ansatz der DesignerInnen, künstlerisch angewandt nach Potenzialen und Möglichkeiten der produzierenden oder handelnden Betriebe zu forschen, hat zu überraschenden Ergebnissen und Anschauungsbeispielen geführt, etwa in Form poetischer Stadtsilhouetten, die Maxim Velcovsky mit Glas- und Lusterteilen aus dem Lobmeyr’schen Archiv baute, oder als alchemistische Versuchsanordnung, die mischer’traxler (Katharina Mischer, Thomas Traxler) im Schaufenster des Juweliers Rozet & Fischmeister am Kohlmarkt errichteten. Sichtweisen und gewohnte Spielarten verändert die von Steffen Kehrle in der Holzinstrumente-Werkstatt von Nupi Jenner im 2. Wiener Bezirk entwickelte, nur zu zweit spielbare "Tandem-Gitarre".

Der Bereich "Werkstatt der Gegensätze", der das Geschäftsinnere oder die Werkstatt als "Point of Sale" zeigt, thematisiert das Aufeinandertreffen der unterschiedlichen ProtagonistInnen. Hier stehen die Produkte, für die die kooperierenden Unternehmen berühmt sind, neben den im Rahmen der Passionswege entstandenen Objekten. Julia Landsiedl füllt in ihrem Beitrag die original Wiener Schneekugel der Firma Perzy mit Alltagsreliquien, wahren Gefühlen und falschem Schnee und bricht dabei die üblicherweise lieblichen Szenarien mit Humor. Adrian Rovero nutzt die vorhandene Laser-Cutting-Technologie der kleinen Ledermanufaktur Posenanski im Stuwerviertel, um damit statt orthopädischer Maßschuhe, Gürtel und anderen Ledergeschirrs einen Spielzoo für Jung und Alt entstehen zu lassen, gleichsam als erweiterter Blick auf die Tierhaut.

Im als symbolisches Café angelegten dritten Teil der Ausstellung, "Mehrwert ohne Steuer", erzählen Auszüge aus Interviews mit den beteiligten DesignerInnen und Betrieben von den Erfahrungen und Erlebnissen im Designprozess und wie sich diese auf das weitere Arbeiten auswirken könnten. Die Chronometrie Sulzberger in der Hernalser Hauptstraße wurde während des temporären Eingriffs der Designer von Vandasye zu einem Concept Store mit qualitätvollen Wiener Waren: Zeit wurde hier in Form beständiger, regional gefertiger Produkte verkauft. Der Lederklappstuhl "Lester" von Soda Designers für die Wittmann Möbelwerkstätten bricht als Leder-Outdoor-Möbel mit dem üblichen Produktkatalog. Der Mut, dies zuzulassen, wurde mit großer medialer Resonanz und einer neuen Käuferschicht belohnt.

Die herstellenden Betriebe, die im Laufe der Jahre an den "Passionswegen" teilgenommen haben, unterscheiden sich in Geschichte, Standort und Haltung. Einige, wie A. E. Köchert, J. & L. Lobmeyr oder Rozet & Fischmeister, tragen noch das alte Privileg als ehemalige k. u. k. Hoflieferanten in ihrem Namen. Dieser Titel steht eng mit der Sammlungsgeschichte des MAK in Verbindung: Er war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch käuflich erwerbbar, die einbehaltene Taxe ging zum Teil an das Österreichische Museum für Kunst und Industrie (heute MAK).

"Der Kunde ist König", Teil vier der Ausstellung im MAK, kuratiert von Thomas Geisler, Kustode MAK-Sammlung Design, verweist auf diesen Sammlungsursprung als interessantes Kapitel der Wirtschafts- und Kulturförderung. Meisterhaft gefertigte Exponate und Archivalien zeigen das traditionelle handwerkliche Know-how produzierender Gewerbebetriebe in Wien auf, darunter die Möbelproduzenten Portois & Fix und Thonet, die Textilhersteller Philipp Haas und Backhausen, die Wiener Spielkartenfabrik Ferd. Piatnik & Söhne oder die Werkstätte Carl Auböck und die Modistin Adele List.

WerkStadt Vienna: Design engaging the City
Eine Ausstellung der Vienna Design Week in Kooperation mit dem MAK
12. Dezember 2012 bis 17. März 2013
Mittwoch bis Sonntag 10 – 18 Uhr
Dienstag 10 –22 Uhr

MAK-Ausstellungshalle
Weiskirchnerstraße 3, 1010 Wien