Asta Nielsen - Der erste Star der Filmgeschichte

Sie war der erste echte Star des Kinos – und einer der wenigen (weiblichen) Stummfilmstars, dessen Name bis heute unvergessen ist. – Das Kinok erinnert mit einem kleinen Stummfilmfestival in der St. Galler Lokremise an die 1881 geborene dänische Schauspielerin. Gezeigt werden nicht berühmte Filme aus den 1920er Jahren wie "Hamlet" oder "Die freudlose Gasse", sondern fünf eher unbekannte Produktionen aus den 1910er Jahren.

Schon bevor die 1881 in armen Verhältnissen geborene Asta Nielsen zum Film kam, hatte sie sich beim Theater einen Namen gemacht. Ihr Aufstieg fällt untrennbar mit dem steigenden Selbstbewusstsein der Frauen zusammen, die sich speziell während des Ersten Weltkriegs durch ihren Einsatz an der Heimatfront Rechte wie das ihnen bislang verwehrte Wahlrecht sicherten.

Bereits der erste, 1910 von ihrem damaligen Ehemann Urban Gad gedrehte Film "Afgrunden" brachte der Dänin einen internationalen Erfolg. Da Filmangebote in ihrem Heimatland aber rar bleiben, entschloss sie sich im aufkommenden deutschen Film ihr Glück zu versuchen und unterzeichnete einen Vertrag für mehrere Filme. Weit voraus war sie ihrer Zeit mir ihrem Spiel in den von Urban Gad gedrehten Filmen, die das St. Galler Kinok vom 17. bis 19.4. in der Lokremise zeigt. In einer Hosenrolle als Räuberhauptmann in "Zapatas Bande" (1914), in dem Dreharbeiten für ein Zigeunerdrama durch die Aktivitäten einer Räuberbande gestört werden, brillierte sie ebenso wie in der Spionagegeschichte "Das Mädchen ohne Vaterland" (1912), in dem sie eine Zigeunerin spielt, die sich zu wehren weiß.

Zu Nielsens großen Filmen dieser Zeit, in der sie innerhalb von nur drei Jahren rund 30 Filme drehte, zählen "Engelein" (1913) und "Vordertreppe und Hintertreppe" (1914). Während sie in ersterem in komödiantischem Gewand lustvoll bürgerliche Moralvorstellungen sprengte, werden in "Vordertreppe und Hintertreppe", in dem von der Liebe eines Mädchen von der Hintertreppe zu einem adeligen Leutnant erzählt wird, voller Witz Klassenunterschiede aufs Korn genommen. Nie ließ sich Nielsen auf ein Genre festlegen und drehte mit "Die weißen Rosen" (1916; Regie: Urban Gad) auch einen im mondänen Ambiente eines Grandhotels spielenden Kriminalfilm.

1916 ging Nielsen dann wieder nach Dänemark und kehrte erst nach Ende des Ersten Weltkriegs nach Deutschland zurück. Legendär wurde dann "Hamlet" (1920), in dem sie die Titelrolle spielte, war doch in der Theorie dieser Verfilmung von Shakespeares Tragödie der Dänenprinz eine als männlicher Thronfolger erzogene Prinzessin, ein Umstand, mit dem auch Hamlets abweisende Haltung gegenüber Ophelia erklärt werden sollte. In der Folge machte sie vor allem mit der Darstellung tragischer Frauenfiguren wie Strindbergs "Fräulein Julie" (1922), der Maria Magdalena in Robert Wienes "I.N.R.I." (1924) und Ibsens "Hedda Gabler" (1925) auf sich aufmerksam, bleibenden Ruhm erwarb sie sich aber vor allem mit der Verkörperung von Prostituierten in Georg Wilhelm Pabsts "Die freudlose Gasse" (1925) und Bruno Rahns "Dirnentragödie".

Den Sprung in den Tonfilm schaffte sie wie viele ihrer KollegInnen nicht, drehte zwar 1932 mit "Unmögliche Liebe" noch einen Tonfilm, verließ dann aber das nationalsozialistische Deutschland und zog sich 1939 vom Film zurück. 1946 veröffentlichte sie mit 65 Jahren unter dem Titel "Die schweigende Muse" ihre Memoiren und unzufrieden mit einem Film über ihr Leben produzierte und drehte sie 86-jährig noch einen autobiographischen Dokumentarfilm (1968). Vier Jahre später, am 25. Mai 1972, starb Asta Nielsen an den Folgen eines Unfalls.