Ein Grenzgänger zwischen den Kulturen

Der Künstler und Filmemacher Edgar Honetschläger (Jahrgang 1963), ein Grenzgänger zwischen den Kulturen, arbeitet mit der Vielfalt und Widersprüchlichkeit der globalisierten Welt. Als Reisender, der in New York, Los Angeles, São Paulo, Rom und Wien, vorwiegend jedoch in Tokio lebt, nimmt er kulturelle Phänomene und scheinbar Vorgegebenes mit distanziertem Blick von außen wahr. Mit seinem meist hochpolitischen Fokus geht er auf Konfrontationskurs mit dem Establishment und relativiert konventionelle Betrachtungsweisen.

Edgar Honetschläger verbindet zwei Extreme: das Zeichnen, die ursprünglichste Art des künstlerischen Ausdrucks, die bereits in den prähistorischen Höhlen von Lascaux präsent ist, und das Filmen, das Schaffen von bewegten Bildern mit Ton, technisch unendlich reproduzierbar, Symbol unserer modernen und globalisierten Welt. Seine Zeichnungen haben etwas Kindliches, Spontanes, Erfrischendes an sich, sie spiegeln eine nie versiegende Neugier und ein immer neues Staunen über das Entdeckte. Demgegenüber sind die Filme in ihrem Aufbau komplex und setzen sich kritisch mit gesellschaftlichen und historischen Mythen auseinander, verweben diese mit Erlebnissen des Künstlers, gehen an die Wurzeln kultureller Ausprägungen und hinterfragen immer wieder deren angebliche Herkunft.

Honetschläger untersucht in seinen Arbeiten das Spannungsfeld und das Zusammenspiel individueller Existenz und kollektiven Seins in unterschiedlichen Kulturkreisen, vorwiegend in den Megalopolen dieser Welt. So auch in der jüngst entstandenen Zeichnungsserie Kappa geht nach Tokyo, in der er in 27 Blättern der japanische Sage von einem Wasserkobold eine weitere Facette hinzufügt. Das Fabelwesen geht in die große Stadt um eine neue Welt zu entdecken und durchlebt dort zahlreiche Abenteuer die ihn zu guter Letzt das Fliegen lehren – eine Metapher für den überlebenswichtigen Wechsel zwischen Genres, Elementen und Aggregatszuständen, aber auch ein Plädoyer für die Freiheit der Entscheidung, die der Künstler den Metropolen abgewinne kann.

Das Medium Zeichnung nimmt einen besonderen Stellenwert in Honetschlägers Werk ein, es spiegelt seine konsequente Auseinandersetzung mit dem Zweidimensionalen und seinen Streit mit dem Absolut der Zentralperspektive wider. In vielen seiner Filme verwendet er gezeichnete, zweidimensionale Kulissen. So ist etwa in "Enduring Freedom", einer filmischen Metapher auf die USA nach 9/11, zwar der Raum mit einem Bett, in dem der Schauspieler liegt, real, das Fenster, die Glühbirne, der Lichtschalter, der Ventilator und die Gelse sind jedoch auf die Wand gemalt; ein Versuch, "absoluten" Sehweisen zu entkommen.

Die Ausstellung in der Kunsthalle Krems führt erstmals die zeichnerischen und filmischen Arbeiten des Künstlers zusammen und sucht eine Annäherung an sein komplexes Werk, ohne dabei einen retrospektiven Anspruch zu verfolgen. Der Fokus liegt auf den Arbeiten der vergangenen acht Jahre, die die narrative Struktur von Honetschlägers Werk zeigen und seine verschiedenen künstlerischen Ansätze skizzieren. Eine besonders wichtige Stellung nimmt dabei das Medium Zeichnung ein, das Ausdruck seiner konsequenten Auseinandersetzung mit dem Zweidimensionalen ist.


Katalog: "Edgar Honetschläger. Edopolis", erschienen im Verlag für Moderne Kunst, EUR 19,00

Edgar Honetschläger. Edopolis
29. März bis 14. Juni 2009