Zigeuner-Darstellungen der Moderne

Die Kunsthalle Krems zeigt vom 17. Juni bis 2. September 2007 erstmals in Europa eine Ausstellung zum Thema der Zigeunerdarstellung, die nicht nur den soziologisch-historischen Blick bedient, sondern gleichzeitig den Anspruch erhebt, eine Kunstausstellung mit qualitativ anspruchsvollen Bildern (Gemälde, Litographien, Grafiken, Fotografien) zu sein.

Roma und Sinti gelten als die größte ethnische Minderheit Europas, ihre rund acht Millionen Mitglieder sprechen verschiedene Sprachen. Diese haben alle einen gemeinsamen indischen Ursprung, im Lauf der Jahrhunderte haben sich jedoch unterschiedliche lokale Varianten entwickelt. Diese Entwicklung wird anhand von Gemälden und Fotografien nachgezeichnet. Die Darstellung der lange diffamierten »Zigeuner« und ihre Erfassung in stereotypen Berufsbildern – vom Scherenschleifer zur Wahrsagerin – markiert den Anfang einer europäischen Bildtradition mit bedeutenden Werken im 17. und 18. Jahrhundert.

Im 19. Jahrhundert entsteht eine differenziertere bildnerische Auseinandersetzung mit der Volksgruppe der Roma und Sinti. Zahlreiche Künstler malen eindrucksvolle Darstellungen der Roma, in denen jedoch eine mythenhafte Verklärung und Romantisierung des »Zigeunerlebens« vorherrscht. Andererseits kommen auch soziale Probleme und Spannungen in der Malerei zum Ausdruck. Ein realistischeres Bild entsteht erst im Laufe des 20. Jahrhundert: die Moderne gesteht der jahrhundertelang als »Zigeuner« ausgegrenzten Volksgruppe erstmals einen Platz innerhalb der Gesellschaft zu.

Werke von Giacomo Francesco Cipper über August von Pettenkofen, Anton Romako, Mihály Munkáscy, Károly Ferenczy und János Valentiny bis hin zu Otto Mueller illustrieren die sich langsam verändernde und differenzierende Wahrnehmung dieser Volksgruppe. Diesen Arbeiten stellt die Ausstellung Gemälde und Fotografien gegenüber, die Roma und Sinti von sich selbst in Auftrag gegeben haben, Bilder, die das Selbstverständnis und Selbstbild der Angehörigen der Volksgruppe widerspiegeln.

Die Ausstellung präsentiert auch einen wichtigen Teil der Fotografiensammlung des Ethnografischen Museums Budapest. Rund 70 historische Fotografien aus der Zeit von 1870 bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts zeigen, dass die in den Gemälden übliche Verklärung, Romantisierung und Ethnisierung der Roma und Sinti auch in der Fotografie ihre Fortsetzung findet. Inszenierte Studioaufnahmen zeigen Wunschbilder von »Zigeunern« mit den ihnen zugeschriebenen Attributen. Besonders in der Zwischenkriegszeit, etwa im Burgenland, wurden viele Aufnahmen von »Zigeunern« direkt von der Polizei oder in ihrem Auftrag angefertigt. Die unterschiedlichen Interessen und Absichten der Fotografen schaffen verschiedene Wahrnehmungen der Wirklichkeit.

Die zeitgleiche Ausstellung des Fotografen Yves Leresche schlägt eine Brücke zur aktuellen Situation der Roma am Beispiel Rumäniens.


Roma & Sinti
»Zigeuner-Darstellungen« der Moderne
17. Juni bis 2. September 2007