Wege der Freiheit - Der Abstrakte Expressionismus

Die Ausstellung der Albertina Modern widmet sich dem Abstrakten Expressionismus der New York School, der nach 1945 einen fulminanten Siegeszug in Europa feierte. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging die Malerei völlig neue Wege, die Kunst vollführte einen Befreiungsschlag von allem, was man bis dato kannte und die Abstraktion wurde zur Weltsprache. 1945 wurde zum Wendepunkt in der Entwicklung der modernen Malerei. Die europäischen Avantgardekünstler im amerikanischen Exil machten New York neben Paris zu einem Zentrum, das neue Maßstäbe setzte.

Mit dem Abstrakten Expressionismus in den USA und dem Informel in Westeuropa wandte sich eine junge Künstlergeneration von den Stilrichtungen der Zwischenkriegsjahre ab: Statt figurativer Darstellung oder geometrischer Abstraktion verfolgte sie einen ungestümexpressiven Umgang mit Form, Farbe und Material. Als Ausdruck individueller Freiheit erhielt die spontane künstlerische Geste große Bedeutung und symbolische Aufladung. Künstlerinnen und Künstler wie Jackson Pollock, Lee Krasner, Franz Kline und Joan Mitchell fanden im Action-Painting eine intersubjektive Ausdrucksform. Zudem schufen großformatige, flächige Farbfeldmalereien etwa von Mark Rothko, Barnett Newman, Robert Motherwell und Clyfford Still einen meditativen Raum zur Auseinandersetzung mit den Grundfragen menschlicher Existenz.

Die Ausstellung untersucht das kreative Wechselspiel zwischen Abstraktem Expressionismus und informeller Malerei im transatlantischen Dialog ab Mitte der 1940er-Jahre. Entgegen der NS-Kunst und dem sozialistischen Realismus wird die USAbstraktion unwillkürlich Teil des ideologischen Wettstreits über die Frage wer die bessere Gesellschaft repräsentiert: die völlige Freiheit mit einer Enthaltsamkeit gegenüber der Realität der Amerikaner oder die Wirklichkeitsnähe wie man sie in der Kunst der kommunistischen Länder und der Sowjetunion findet.

Einen Schwerpunkt der Schau bilden die Werke von abstrakt-expressiv arbeitenden Künstlerinnen wie Elaine de Kooning, Grace Hartigan, Joan Mitchell, Helen Frankenthaler, Maria Lassnig, Judit Reigl und andere. Sie alle wirkten sowohl an der Ost- und Westküste der USA in der ersten und zweiten Generation des Abstrakten Expressionismus und bestimmten das Geschehen maßgeblich mit. Damit lieferten sie auch in Europa wichtige Beiträge zur Kunstgeschichte.

Auf Augenhöhe mit internationalen Größen zeigen Künstler:innen in Österreich großes Gespür für den Zeitgeist und setzen sich teilweise auch auf Reisen intensiv mit den internationalen künstlerischen Entwicklungen auseinander. 1951 zeigen Maria Lassnig und Arnulf Rainer nach einem Aufenthalt in Paris eine Informel-Ausstellung in Klagenfurt. 1956 bildet sich unter der Ägide von Monsignore Otto Mauer die Malergruppe der Galerie St. Stephan mit Hollegha, Mikl, Prachensky und Rainer. Aber auch die Aktionsmaler wie Günter Brus, Hermann Nitsch und Alfons Schilling attackieren um 1960 das traditionelle Tafelbild und experimentieren mit performativen Verfahren. Georges Mathieu greift in Wien den abstrakten Freiheitsbegriff auf: Seine monumentale Arbeit entstand 1959 im Rahmen einer Mal-Aktion am Fleischmarkt. Dem gegenüber steht in der Ausstellung in der Albertina Modern das zehn Meter große Werk Rot auf Weiß von Markus Prachensky aus der Serie der Peinture Liquide, das durch kalligrafische Anleihen besticht.

Präsentiert werden in der Erdgeschoßhalle der Albertina Modern auf 1.500 Quadratmetern rund 100 Arbeiten von internationalen Kunstschaffenden wie Mary Abbott, Perle Fine, Sam Francis, Helen Frankenthaler, Grace Hartigan, Hans Hartung, Hans Hofmann, Wolfgang Hollegha, Franz Kline, Elaine de Kooning, Lee Krasner, Maria Lassnig, Morris Luois, Georges Mathieu, Joan Mitchell, Robert Motherwell, Ernst-Wilhelm Nay, Barnett Newman, Jackson Pollock, Markus Prachensky, Arnulf Rainer, Ad Reinhardt, Judit Reigl, Mark Rothko, Hans Staudacher und Clyfford Still im internationalen Dialog.

Pollock. Rothko. Mitchell.
Ways of Freedom.
Bis 22. Jänner 2023