Wechselspiel zwischen Fotografie und Malerei

Das Kunsthaus Zug widmet Lukas Hoffmann eine grosse Einzelausstellung und zeigt die umfassende Werkgruppe aus der Sammlung von Adrian Schiess. Der in Berlin lebende und in Steinhausen aufgewachsene Lukas Hoffmann (*1981) legt seine fotografische Position in einer grossen Einzelausstellung dar und zeigt neue Arbeiten aus den letzten Jahren erstmals in der Schweiz. Parallel mit den Fotografien Hoffmanns präsentiert Adrian Schiess (*1959) die umfassende und wichtige Werkgruppe seiner Farb-Malereien aus der Sammlung des Kunsthaus Zug, Schenkung Christian Graber (2015); sie ist mehrheitlich zum ersten Mal zu sehen.

Mit seiner präzisen und eigenständigen analogen Fotografie-Position hat Lukas Hoffmann (*1981) in der deutschen und französischen Schweiz sowie in Frankreich in den letzten Jahren auf sich aufmerksam gemacht. Der im Kanton Zug aufgewachsene Künstler (aus Steinhausen), der seine fotografische und künstlerische Ausbildung in Paris absolvierte und seit längerem in Berlin lebt und arbeitet, wird in internationalen Fachkreisen geschätzt, was die Beteiligungen an Gruppenausstellungen in öffentlichen Institutionen, Einzelausstellungen in Galerien in der Schweiz und in Frankreich sowie öffentliche Förderbeiträge und Werkankäufe belegen. Folglich ist es an der Zeit, Hoffmanns Fotografie-Position in der ersten umfassenden musealen Einzelausstellung, die von einer Künstler-Publikation begleitet wird, in der Schweiz und in Frankreich vorzustellen mit rund 80 vorwiegend neuen Arbeiten. Er hat sie während drei Jahren vorbereitet und wurde kuratorisch begleitet von Matthias Haldemann.

Von Anfang an hat sich Hoffmann angesichts der digitalen Bilderflut auf die analoge Fotografie besonnen, deren Möglichkeiten er ebenso intensiv wie produktiv seit vielen Jahren für sich erkundet. Seine hohen künstlerischen Ansprüche erfordern eine langsame, behutsame Vorgehensweise und lassen nur wenige Aufnahmen gelten. Sachlich und klar nimmt er jeweils unspektakuläre, karge, vermeintlich nebensächliche Motive an urbanen Rändern von Berlin oder New York auf, die er auf Streifzügen mit dem Fahrrad oder zu Fuss erkundet. Es sind Orte mit unterbestimmter Identität, Hinterhöfe, Unterführungen, Baustellen, Fassaden, Hecken, Brachen, die in den sorgfältig austarierten Bildern lebendige Präsenz gewinnen. Hoffmann lotet das Spanungsfeld aus zwischen Realfotografie und abstrakter Malereitradition und wirft Fragen der Wahrnehmung auf vermittels einer betonten Bildlichkeit. Die mittel- bis grossformatigen Fotografien bestechen nicht nur mit der stupenden Technik und Präzision, darüber hinaus suchen sie die Reflexion des Mediums und den Bezug zur Malerei. Sie halten nicht einfach das Gegenüber fest, sondern stimulieren dabei auch die Imagination der Betrachtenden. Mithin eröffnen sie einen Freiraum, laden ein zum Bilddialog.Neben urbanen Architekturen zeigt Hoffmann erstmals auch "Strassenbilder" von Passanten, eingefangen mit seiner portablen, grossen Kamera. Entstanden sind Einzelbilder und eine Dia-Installation mit Mehrfachprojektionen.

Zeitgleich zu den atmosphärisch eher kühlen Fotografien von Lukas Hoffmann zeigt das Kunsthaus Zug farbige Malereien von Adrian Schiess (*1959 in Zürich) aus der eigenen Sammlung. Die Präsentation wird auch für den Künstler selbst ein Experiment sein – viele Werke werden erstmals öffentlich gezeigt, manche in einer Art, wie Schiess dies bisher nicht getan hat. Er wird sein Farbvokabular durchdeklinieren und innehalten, und mit ihm die Betrachter seiner grossen, gelb lackierten Verbundplatte aus Aluminium: Zwei auf drei Meter misst sie und lotet aus, was der junge Künstler in seinen Farbnotizen angelegt hat. Es waren die 1990er-Jahre in New York, als er Farbeindrücke auf diese Art sammelte. 426 Stück an der Zahl hat er über Monate hinweg systematisch zusammengetragen, kleine bemalte Papier- und Kartonschnipsel oder Leinwände. Schiess wird diese Arbeit erstmals überhaupt präsentieren: Installativ auf Tischen, die er selbst konzipiert, performativ im Sinne seiner Tätigkeit im Atelier.

Die monochrome Tafel, die auf einem kleinen Farbmuster aus dieser Gruppe basiert, wirft gelbes Licht in den Raum zurück, farbig spiegelt sich in ihr die Welt, der museale Raum, seine Besucherinnen und Besucher. Je nach Blickwinkel des Betrachters, nach Lichtverhältnissen an unterschiedlichen Tageszeiten, verändern sie sich fortlaufend. An den Wänden hängen "Fetzen", unregelmässig geformte oder annähernd rechteckige, mit Dispersion, Acryl und Kunstharz bemalte Pappen aus den 1980er und 1990er Jahren, radikale Setzungen, wie auch einige C-Prints mit verschwommenen Farbverläufen aus jener Zeit. Immer ist es die Farbe, ihre Wahrnehmung und Wirkung und der Zufall, die Schiess wichtig sind, nicht etwa die virtuose Geste des Malens.

Es ist der Schenkung des Sammlers Christian Graber im Jahr 2015 zu verdanken, dass das Kunsthaus Zug eine grosse wichtige Werkgruppe besitzt. Graber ist seit Jahrzehnten mit Adrian Schiess befreundet. Ein intensiver Austausch, Atelierbesuche beim Künstler und Ankäufe reichen zurück in eine Zeit, bevor dieses Oeuvre international in Galerien und Museen rezipiert wurde.


Wechselspiel zwischen Fotografie und Malerei
Lukas Hoffmann / Adrian Schiess
Werke der Sammlung, Schenkung Graber
26. Januar bis 17. März 2019