Vom 17. Jahrhundert an setzte die französische Malerei die Maßstäbe für ganz Europa. Im Frankreich der Aufklärung begann der Wertewandel zur bürgerlichen Gesellschaft, dem die Maler mit neuen Themen und künstlerischen Experimenten begegneten. Die Französische Revolution markiert eine Zeitenwende, die sich tief in die Entwicklung der französischen Malerei eingegraben hat. Anhand zentraler Meisterwerke, die größtenteils noch nie zuvor in Deutschland zu sehen waren, wirft die Ausstellung "Von Poussin bis Monet. Die Farben Frankreichs" erstmals einen konzentrierten Blick auf die Folgen der dramatischen gesellschaftlichen Umbrüche in der Kunst. Vom 10. Oktober 2015 bis zum 17. Januar 2016 zeigt das Bucerius Kunst Forum 60 Gemälde und 12 Zeichnungen von Künstlern wie Poussin, Watteau, Chardin, Delacroix, Corot, Courbet, Monet, Renoir, Cézanne oder van Gogh.
Rund 250 Jahre liegen zwischen dem Wirken von Nicolas Poussin und Claude Monet. Waren Gesellschaft und Kunst im 17. Jahrhundert noch durch den königlichen Hof und die Kunstakademie reglementiert, so gewann die bürgerliche Öffentlichkeit im Frankreich der Aufklärung seit dem 18. Jahrhundert an Bedeutung. Dem Wertewandel zur bürgerlichen Gesellschaft begegneten die Maler mit neuen Themen und künstlerischen Experimenten. Die Französische Revolution, das Vorbild aller Freiheitskämpfe, markiert eine Zeitenwende, die sich tief in die Entwicklung der französischen Malerei eingegraben hat. Die Ausstellung Von Poussin bis Monet. Die Farben Frankreichs widmet sich erstmals den Folgen der dramatischen gesellschaftlichen Umbrüche in der Kunst.
Schon zu Poussins Zeiten entbrannte ein Richtungsstreit über den Gegensatz zwischen Linie und Farbe, wobei die Linie den Verstand und die Farbe die sinnliche Wahrnehmung vertrat. Der vormoderne Diskurs wurde unter der Präsidentschaft von Charles Le Brun an der Akademie ausgefochten und machte den Pariser Salon, die 1667 ins Leben gerufene große Kunstausstellung, zum Ort öffentlicher Diskussionen. Le Brun führte das Lager der Poussinisten an, die nach dem in Italien lebenden französischen Barockmaler benannt waren. Sie betonten die Bedeutung der Linie als Ausdruck der künstlerischen Idee. Dagegen zog der Maler, Kunstkritiker und Diplomat Roger de Piles´unter Berufung auf den Flamen Peter Paul Rubens zu Felde. Seine Künstlergruppe der Rubenisten schwor er auf die Dominanz der Farbe ein. Einmal angestoßen, währte die querelle des anciens et des modernes bis ins 19. Jahrhundert und löste eine ungeahnt produktive künstlerische Auseinandersetzung aus.
Nach der Revolution wurden die Künstler des Klassizismus, der Romantik und des Realismus zu Helden des bürgerlichen Zeitalters. Zu den politischen Farben Frankreichs – Blau, Weiß und Rot – traten realistische, impressionistische und pointillistische Farbkonzepte, die Frankreich zum Impulsgeber der künstlerischen Moderne machten. Baudelaire rief 1863 in seiner Schrift Le peintre de la vie moderne mit Mobilität, Beschleunigung und Flüchtigkeit die neuen Maximen der Kunst aus. Hier gewann das Sehen über den Tastsinn, die Farbe über die Linie. Das gemalte Bild nähert sich im Impressionismus dem unwissenden, unschuldigen Bild der Photographie an. Die Empfindlichkeit des Auges für die Lichtwirkungen im Impressionismus wurde in Analogie zum Photopapier gebracht, auf dem sich das Bild wie auf der Netzhaut entwickelt.
Das sinnliche Erleben und die subjektive Wahrnehmung wurden immer wichtiger, bis die Farbe im Impressionismus am Ende des 19. Jahrhunderts größte Freiheit erlangte. Paul Cézanne sah die Natur als ein Gefüge von Farbflächen. Die Malerei erzählte nicht mehr, sondern gab zu sehen. Die Farbe bildete Licht nicht mehr nur ab, sie wurde zum Licht. Die Sonderstellung des Visuellen in der Moderne war geboren. Diesen Weg Frankreichs in die Moderne zeigt die Ausstellung mit 60 Gemälden und 12 Zeichnungen von Künstlern wie Nicolas Poussin, Jean-Antoine Watteau, Jean-Siméon Chardin, Eugène Delacroix, Jean-Baptiste Camille Corot, Gustave Courbet, Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir, Paul Cézanne oder Vincent Van Gogh. In acht Kapiteln werden die drei Jahrhunderte französischer Malerei vom 17. bis zum 19. Jahrhundert vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklungen erkundet. Die Malerei wird in den Kontext der politischen Farben gesetzt, die den Wertewandel, das Selbstverständnis des Menschen und den Wandel der Öffentlichkeit von Kunst reflektieren.
Der Katalog zur Ausstellung mit Beiträgen von Susanne Blöcker, Jolanda Bozzetti, Eva Fischer-Hausdorf, Dorothee Hansen, Adrian Le Harivel, Christian Michel, Michael Philipp, Beate Söntgen, Christoph Martin Vogtherr und Michael F. Zimmermann ist im Hirmer Verlag erschienen (München, 228 Seiten mit farbigen Abbildungen aller ausgestellten Werke, EUR 29 in der Ausstellung).
Von Poussin bis Monet. Die Farben Frankreichs
10. Oktober 2015 bis 17. Januar 2016