Terra Nostra

Das PhotoforumPasquArt startet mit der thematischen Ausstellung "Terra Nostra") in die Saison 2013. Die Ausstellung umfasst zehn künstlerische Arbeiten und einen archivischen Beitrag, welche die räumlichen und kulturellen Bestandteile des Lebensraums beleuchten. Identität, Macht, städtische Entwicklung, tatsächliche und phantasierte Elemente sind die Ingredienzen, welche das Bild des Raums zwischen Genfer- und Bodensee prägen und ausleuchten.

Wo leben wir? Diese Frage bildete den Ausgangspunkt der Ausstellung "Terra Nostra", die den Fokus ganz allgemein auf den Raum oder konkreter auf unseren Lebensraum richtet. Die Entwicklung der modernen Gesellschaft hat letztlich dazu geführt, dass unsere Beziehung zur Natur nicht mehr ungebrochen ist. Die Möglichkeit, sich rasch von A nach B zu begeben, fragmentiert unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit, und auf der anderen Seite filtern die neuen Kommunikationsmittel unseren Zugang zur Welt.

Die Arbeit "Mittelland" des Berner Fotografen Michael Blaser diente als Einstieg zum Ausstellungsprojekt "Terra Nostra". Die Bilderserie setzt sich mit dem Grenzgebiet zwischen städtischem und ländlichem Raum auseinander und hinterfragt in ästhetisch neutraler Form die bauliche Zersiedelung des Raums. Die Arbeit ergibt in ihrer Gesamtheit eine veritable Sozialdokumentation, der Blick auf einen charakteristischen Aspekt des Mittellands wird ausgebaut zu einer breiter angelegten Untersuchung dieses für die Schweiz zentralen Landstrichs.

Die Ausstellung öffnet damit den Raum für Antworten, die von zwei Kategorien von zeitgenössischen Arbeiten bereitgehalten werden. Zur ersten Kategorie gehören jene Ansätze, welche den Begriff Lebensraum und die Art und Weise, wie dieser Lebensraum wahrgenommen wird, thematisieren. Neben dem bereits erwähnten Bild-Essay von Michael Blaser gehört zu dieser Kategorie die Arbeit "Zurich-Lausanne, a territory survey" des Zürcher Künstlers Stefan Meier. Indem er sich zu Fuss durch den Raum bewegt, erschliesst er neue Einblicke in einen (Lebens-)Raum, der normalerweise mit hoher Geschwindigkeit durchquert wird. Die Chroniken werden von Kommentaren begleitet, denen ein gewisser Humor nicht abgeht. Die Einträge werden auf Twitter oder im Blog des Künstlers veröffentlicht und bilden zusammengenommen ein einzigartiges Erzähluniversum.

Der in Belgien geborene und lebende Künstler Pierre Philippe Hofmann hat Schweizer Wurzeln. Seine Arbeit ist eine systematische und detaillierte Beschreibung von bewusst geplanten Wanderungen, die er zu Fuss entlang von geraden Linien (Luftlinien) durch die Schweizer Landschaft unternommen hat. "Terra Nostra" zeigt einen repräsentativen Ausschnitt aus dem Projekt, welches sich zum Ziel gesetzt hat, das Gebiet der Schweiz in seiner ganzen Diversität mittels Video-Standbildern darzustellen. Das Forschungsprojekt "Archiv des Ortes" des Instituts für Gegenwartskunst (IFCAR) der Zürcher Hochschule der Künste lädt dazu ein, die Entwicklung des "konstruierten" Raums der Stadt Schlieren retrospektiv und analytisch zu verfolgen. Eine Videoprojektion zeigt auf spektakuläre Art und Weise die räumliche Veränderung dieser für das Mittelland typischen Gemeinde von 1945 bis heute.

"Terra Nostra" räumt auch subjektiven künstlerischen Positionen einen Raum ein, welche das Thema Lebensraum auf indirekte oder übertragene Weise angehen. Das ist beispielsweise der Fall bei Rudolf Steiner, dessen Arbeit "300m" poetisch gefärbte Überlegungen zu Schiessständen anstellt, die in der Schweizer Landschaft ihren festen Platz haben. In "Kampagne" setzen sich Nicolas Savary und Tilo Steireif mit Wahlstrategien von Schweizer Politikern auseinander. Ihre Bilder von Wahlplakaten, die während eidgenössischen Abstimmungen aufgenommen wurden, zeigen eine Schweizer Landschaft, die mit den Slogans auf den Wahlplakaten kontrastiert, die sich ihrerseits oft an mythischen Landschaften orientieren.

Jon Naiman lässt Privatpersonen in ihren Wohnungen mit ihrem bevorzugten Nutztier posieren. Seine Bilder hinterfragen auf subtile Art und Weise die Landwirtschaft. Ursula Sprecher und Andi Cortellini haben Personen in Szene gesetzt, welche in der Freizeit als Mitglieder von Vereinen dieselben Interessen teilen. Die Aussenaufnahmen geben Aufschluss über die Besetzung der Örtlichkeiten und die Identität schaffende Beziehung zum Raum. Der Fotograf Georg Aerni nähert sich der Landschaft unter dem Gesichtswinkel von Zeichen und Spuren. Seine Bilder aus dem Mittelland stellen einen Bezug her zu zeitlosen, ja mystischen Aspekten, die bestimmten Örtlichkeiten innewohnen.

Loan Nguyen nutzt Waldgebiete für ihre sexuell gefärbten Inszenierungen, in denen der Bezug zwischen Voyeur und Exhibitionist thematisiert wird. Die Natur wird zu einem Raum der Übertretung und einer einzigartigen Form der Aneignung von Raum. Anne Golaz schliesslich beschäftigt sich auf ihrem Wandbild mit der Identifikation mit bestimmten Örtlichkeiten. Auf dem Bild ist ein Kalb zu sehen in einer klandestinen Bar, dabei wird das Kalb mit symbolischen Elementen dargestellt, die Folklore und Patriotismus fröhlich vermischen.

Terra Nostra
3. Februar bis 7. April 2013