Superficies - Ungefähre Landschaft

Christoph Engel bedient sich bei seiner Serie "Superficies" dem für alle zugänglich und alltäglich gewordenen Programm Google Earth. Wie die Google-Fotografien selbst sind seine Bilder Konstrukte einer Landschaft, zusammengesetzt aus hunderten, oft zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommenen Einzelbildern. Engel verzichtet jedoch bewusst auf eine konkrete geographische Verortung seiner Bilder. Ihm geht es nicht um den Ort an sich, sondern um die Wahrnehmungsverschiebung, die durch die Einnahme dieser nicht alltäglichen Perspektive stattfindet.

In seinen Fotografien fehlt auch eine konkrete Zeitbestimmung. Das Nebeneinander unterschiedlicher Zeitlichkeiten innerhalb ein und desselben Bildes untergräbt damit ganz bewusst den scheinbar dokumentarischen Charakter des fotografischen Abbildes. Im Spannungsfeld von Bild und Abbild findet eine künstlerische Umformung statt, die die Frage nach der übergeordneten, sich autonom von Ort und Zeit im Bild konstituierenden Landschaft und daraus folgend die eigene Realität des Bildes ins Zentrum rückt.

Durch den Wechsel zwischen Distanz und Nähe offenbaren sich in Engels Fotografien entweder kleinste Details oder es dominieren großflächige Muster. So werden Siedlungsstrukturen zu einem ornamentalen Gewebe aus verwobenen Linien, die Flachdächer unzähliger Gewächshäuser zu einem dichten, teppichartigen Mosaik. Die Grüns eines Golfkurses in einer nackten, felsigen Landschaft erinnern plötzlich an eine ausgestreckte Hand und die Ränder künstlich bewässerter Felder gehen für einen Moment als Muster von Pailletten auf einem dekorativen Stoff durch. Der "göttliche Blick" von oben vermittelt eine Abstraktion in Linien und Flächen, eine Über-Realität, die man so nie sehen oder erleben kann.

Christoph Engels "ungefährer", räumlich und zeitlich unscharfer, Blick auf die Welt lässt Bilder von ambivalentem Charakter entstehen. Formal ästhetisch erzeugen sie zugleich ein Gefühl der Bedrückung, indem sie die Ausmaße menschlicher Eingriffe in die Natur zeigen: riesige Betonflächen, Suburbias, ökologische Katastrophen, landwirtschaftliche Großstrukturen oder Golfplätze mitten in der Wüste.

Superficies - Ungefähre Landschaft
6. November bis 18. Dezember 2010