Die Ausstellung "Streetparade der Götter" zeigt eine Parade von etwa 300 Figuren, Göttern, Reitern, Tieren und Tänzern in Trance. Sie alle stammen aus Bastar, einem alten Fürstentum im heutigen indischen Bundesstaat Chhattisgarh etwa von der Grösse der Schweiz. Rund 66% der Bevölkerung Bastars gehören zu den registrierten Stämmen Indiens, den sogenannten "Erstbesiedlern" (Adivasis). Deshalb spricht man im Zusammenhang mit dieser Kunst von "Stammesbronzen".
In der Region von Dandakaranya wird eine kaum überschaubare Anzahl von Gottheiten, meist Göttinnen verehrt. Oft hat sich die Gottheit einem Vorfahren einer Familie zu erkennen gegeben und die Verehrung im Haus verlangt. Der Familienvater gab dann beim Metallgiesser eine Figur der Gottheit in Auftrag und überliess dem erfahrenen Künstler die Wahl der Attribute und der Dekoration.
Die meisten dieser Bronzen wurden dem Schrein einer Gottheit aus Dank für die Erfüllung eines Wunsches geschenkt. Früher konnte man diese auch auf einem der zahlreichen Wochenmärkte kaufen oder anlässlich der grossen jährlichen Festumzüge. Aus der ganzen Region kamen die Metallgiesser mit ihren Waren angereist. Ein jeder von ihnen zeichnete sich durch seinen charakteristischen Stil aus. Imaginationskraft und technisches Können waren ausschlaggebend für die grosse Variationsbreite in der Darstellung ein und derselben Gottheit.
Im Ausdruck expressiv, mit pointiert gesetzter Ornamentik unterscheiden sich diese Bronzen deutlich von denen der sogenannten "klassischen" indischen Kunst. Zum einen entstanden erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts, zum anderen besitzen eine ganz eigene Ästhetik: In den herben, männlichen Gesichtern, den ungewöhnlichen Attributen und in der dynamischen Körperhaltung zeigt sich deren aussergewöhnliche Kraft und Energie. Der Schlüssel für das Verständnis dieser bislang kaum bekannten künstlerischen Traditionen, liegt in der Funktion und im Stellenwert dieser Bronzefiguren im religiösen und sozialen Leben der Menschen.
Streetparade der Götter
Bronzekunst aus Indiens Dörfern
20. Juli bis 11. November 2012