The Stranger Within

Gesellschaftlich ambivalente Haltungen gegenüber dem "Fremden" thematisiert das Studio Formafantasma (Simone Farresin, *1983 und Andrea Trimarchi, *1980) mit der Ausstellung "The Stranger Within" im Rahmen des MAK Design Salon #02. Bereits zum zweiten Mal öffnet das MAK mit dieser programmatischen Reihe das Empire- und Biedermeierambiente der MAK-Expositur Geymüllerschlössel für zeitgenössische Designpositionen.

Im Dialog mit der historischen Substanz des Gebäudes beschäftigt sich "The Stranger Within" in insgesamt sieben Rauminterventionen mit dem paradoxen Phänomen von Fernweh und biedermeierlicher "Heimeligkeit", das beim Besuch des Geymüllerschlössels erlebbar wird.

Subtil reagieren die experimentellen Objektserien von Formafantasma auf die Faszination des "Exotischen", die sich im Baustil des Geymüllerschlössels widerspiegelt. Indische und arabische Stilzitate in Fassadenornamentik und Interieur erzählen von der damaligen Vorliebe für die Kulturen des Orients. "In einer globalisierten Welt, in der der Begriff "Exotik" seine Bedeutung verliert, laden wir den Betrachter ein, genauer hinzusehen und auf der Suche nach Inspiration für die Gestaltung von Gegenwart und Zukunft den Blick nach innen und in die Vergangenheit zu richten", so die Designer.

Das zentrale Werk "The Stranger Within, Nodus Rug", 2013, ein eigens für den Blauen Salon des Geymüllerschlössels entworfener, in Zusammenarbeit mit der italienischen Firma Nodus hergestellter Teppich, erinnert an eine überdimensionale Maske als mystisches Sinnbild des Fremden, die sich aus der Textur und Farbigkeit der Räumlichkeiten ableitet. Im Zentrum des Salons aufgerichtet, wirkt der Teppich wie ein Totem, um den sich die übrigen Exponate über die restlichen Räume verteilen. Die textile Arbeit entstand in Referenz an die von den Nationalsozialisten vertriebene jüdische Familie des Textilfabrikanten Isidor Mautner, die von 1888 bis 1938 im Besitz des Schlössels war. Die Kombination des Teppichs mit Objekten aus aufgeblasenen und ausgehärteten Schweinsblasen, wie beispielsweise "Bladder Chandelier", 2013 weckt Assoziationen zu folklo-ristischen Karnevalbräuchen.

Mechanismen kolonialer Machtstrukturen und heutiger Migrationspolitik thematisiert die Objektserie Molding Tradition, 2009. Ausgehend von den arabisch-afrikanischen Einflüssen auf die europäische Keramikproduktion nehmen Formafantasma Bezug auf die aktuellen Migrationsströme aus Afrika und reflektieren Themen wie nationale Identität oder Rassismus. In Anspielung an die sizilianische Traditionskeramik Teste di moro zeigen Gefäße in Bojenform applizierte Flüchtlingsportraits.

Die für die MAK-Ausstellung weiter bearbeiteten Werkzyklen "Botanica", 2011, und "Craftica", 2012 widmen sich innovativen Materialentwicklungen oder -nutzungen. Ihr Gegenüber im Geymüllerschlössel finden die aus tierischen oder pflanzlichen Abfallstoffen entwickelten Arbeiten in einem um 1840 zur Gänze aus Schmetterlingsflügeln gefertigten Kunstblumenbouquet. "So wie die naturerforschende Ära des Biedermeier von der Industriellen Revolution, wird die derzeitige Digitale Moderne von der Suche nach alternativen Rohstoffen und Fertigungstechniken sowie von einer neuen Sinnlichkeit der Produkte begleitet. Das Studio Formafantasma versteht sich dabei als Materiallabor eines neuen Industriezeitalters", so Thomas Geisler, Kurator und Kustode MAK-Sammlung Design.

Erstmals zum MAK Design Salon präsentieren Simone Farresin und Andrea Trimarchi den Prototyp des Trinkservices "Alphabet", das in Zusammenarbeit mit dem Wiener Glasverleger J.&L. Lobmeyr entwickelt wurde. Das Service wird anlässlich des 150-jährigen Jubiläums des MAK im kommenden Jahr bei J.&L. Lobmeyr als Sonderedition aufgelegt.

The Stranger Within
Studio Formafantasma
14. September bis 1. Dezember 2013

Ausstellungsort
MAK-Expositur Geymüllerschlössel
Pötzleinsdorferstraße 102, 1180 Wien

Öffnungszeiten
Sa & So 11 - 18 Uhr