Von 6. bis 10. September 2023 lädt Ars Electronica wieder nach Linz, Österreich. Die Frage, die Europas größtes Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft dabei in den Fokus nimmt, lautet: Who Owns the Truth? – Wem gehört die Wahrheit?.
Es ist eine Frage, die nicht erst die Ars Electronica beschäftigt. Seit Menschen- gedenken tobt der Streit darüber, was denn die Wahrheit eigentlich ist, und ob es nur eine gibt. Ebenso lang geht es um die – sehr politischen – Fragen, wer die Wahrheit für sich beansprucht, sie wie durchsetzt und welche Interessen damit verfolgt.
Dass die Ars Electronica 2023 diese Fragen aufs Tapet bringt, ist kein Zufall. Mitten im Strudel von Krieg, Inflation, disruptiven Technologien und Klimawandel sind Wahrheit und Deutungshoheit so umkämpft, wie lange nicht mehr. Gestritten wird um Ursache(n) und Natur all dieser Krisen genau wie um Strategien zu ihrer Bewältigung.
Ein Großteil dieses Diskurses findet in virtuellen Räumen statt, allen voran in den Echokammern der sozialen Medien, in denen es immer schwieriger wird, Faktisches von Fiktivem zu unterscheiden. Dass nun immer mehr KI-Bots in diesen Kanon von Wahrheiten einstimmen und vermeintlich objektive Erklärungen und Empfehlungen beisteuern, macht die Sache nicht einfacher.
2023 fragt die Ars Electronica also nach Deutungshoheit und Souveränität, der Bedeutung von Begriffen wie „echt“ und „original“, unserer Definition von (geistigem) Eigentum und wer das Recht auf dessen Verwertung genießt. Diskutiert wird mit Künstler:innen, Wissenschaftler:innen, KI-Entwickler:innen, Datenanalytiker:innen, Unternehmer:innen, Jurist:innen und Aktivist:innen aus aller Welt – und hoffentlich einer breiten Öffentlichkeit, die sich in diesen Diskurs einmischt, ihre Verantwortung wahrnimmt und unser aller Zukunft mitbestimmt.
Eines ist jedenfalls sicher: Die Wahrheit ist nicht erst seit Donald Trump, dem russischen Angriffskrieg, der Letzten Generation oder ChatGPT in der Krise. Die Wahrheit war schon immer in der Krise – und sie wird es hoffentlich bleiben. Denn „eine absolute Wahrheit, welche für alle Menschen gleich wäre und insofern keinerlei Beziehung zur Individualität hätte, kann es für uns Sterbliche nicht geben“. Was Hannah Arendt 1954 in „Sokrates“ schrieb, ist zeitlos aktuell und es sollte uns positiv stimmen. Die andauernde – und zugegeben mitunter ermüdende – Diskussion darüber, was nun wahr und was falsch sei, ist nichts weniger als das Wesen von Pluralismus und Demokratie. Nicht die vielen Wahrheiten stürzen uns in die Krise, sondern die eine absolute Wahrheit, die keine Widerrede, keine Interpretation und keine Diskussion mehr zulässt. Diese Wahrheit wäre alles andere als unsere Erleuchtung. Sie wäre das Ende unserer Demokratie.
Ars Electronica Festival 2023
Who Owns the Truth?
Vom 6. bis 10. September 2023
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