Anlässlich von kunsttechnologischen Analysen und einer Restaurierung in den Werkstätten des Belvedere befindet sich Adele Bloch-Bauer II (1912–13) wieder in Wien. Bis Februar 2024 bietet sich die Gelegenheit, dieses herausragende Spätwerk Gustav Klimts aus Privatbesitz im Original zu sehen und dank aktueller Forschungsergebnisse Einblicke in die Malweise des Künstlers zu nehmen.
Als Kompetenzzentrum für die Erforschung von Gustav Klimts Gemälden nimmt das Belvedere laufend kunsttechnologische Analysen vor, die spannende neue Einblicke in Aufbau und Entstehungsprozess der Bilder erlauben. Mit Adele Bloch-Bauer II konnte 2023 bereits das vierte Werk des Jugendstilmalers, das nicht Teil der Belvedere-Sammlung ist, untersucht werden. Neben "Wasserschlangen II" im Frühjahr wurden auch "Das Leben ein Kampf (Der goldene Ritter)" und "Eugenia Primavesi" von der Restaurierung des Belvedere begutachtet.
Durch eine ebenso schonende wie minutiöse Reinigung der Bildoberfläche von "Adele Bloch-Bauer II" konnten die Grauschleier entfernt und die klaren Rosa-, Grün- und Blautöne wieder zum Vorschein gebracht werden. Mithilfe neuester Untersuchungsmethoden war es möglich, unter die Oberfläche des Bildes zu blicken und dabei Erkenntnisse über den Entstehungsprozess zu gewinnen, so Stefanie Jahn, Leiterin der Restaurierung des Belvedere.
Röntgenbilder und Infrarotreflektografie-Aufnahmen zeigen nun eine andere, erste Komposition. In dieser Version steht Adele auf einem ovalen Teppich und näher an den Betrachter:innen. Ihr Kleid ist viel raumgreifender. Unterhalb der Juwelenkette liegt ihr Hals frei, opulent ragt ihr Federhut bis an den Bildrand.
"Adele Bloch-Bauer II" ist das erste große Auftragsporträt, das Klimt in seinem modernistischen Spätstil umsetzte. Im Gegensatz zu ihrem fünf Jahre zuvor gemalten ersten Porträt präsentiert er Adele Bloch-Bauer nun frontal stehend, als starke und selbstwusste Frau. Leuchtende Farben prägen das Bild. Auf den ersten Blick wirkt die Malerei mit virtuoser Sicherheit umgesetzt. Wir wissen aber durch die Untersuchungen, dass Klimt das Bild stark überarbeitet hat, dass er intensiv um die optimalen Formen gerungen hat, ergänzt Kurator Markus Fellinger.
Der Name Bloch-Bauer ist mit dem Belvedere untrennbar verbunden. Schon 1919 liehen Adele und Ferdinand Bloch-Bauer ihre Klimt-Gemälde dem Museum. Jahrzehnte später drehte sich um dieselben Bilder der weltweit aufsehenerregendste Kunstrückgabefall. 2006 nach der Entscheidung eines Schiedsgerichts wurden "Adele Bloch-Bauer II" und vier weitere Gemälde an die Rechtsnachfolger:innen übergeben. Im selben Jahr wurde das Bild versteigert, seither befindet es sich in wechselndem Privatbesitz.
Am 16. November kehrt auch Gustav Klimts "Judith" wieder ins Obere Belvedere zurück. Das Werk war als Leihgabe in der Ausstellung Secessionen. Klimt, Stuck, Liebermann in der Alten Nationalgalerie in Berlin zu sehen gewesen. Einen Blick unter die Oberfläche von Klimts Farbenwelt wird 2025 die Ausstellung "Gustav Klimt. Pigment & Pixel" im Unteren Belvedere ermöglichen.
Special Guest: Adele Bloch-Bauer II
Bis 11. Februar 2024