Sonderausstellung des Sigmund Freud Museums mit Werken aus er Sammlung Klewan

Unter dem Titel "Surreal! Vorstellung neuer Wirklichkeiten" präsentiert das Sigmund Freud Museum in einer Sonderausstellung 100 Werke von über 50 Künstlerinnen und Künstlern aus der Sammlung Klewan.

Zahlreiche Schriften beleuchten das spannungsreiche Verhältnis zwischen Surrealismus und Psychoanalyse – einen Angelpunkt dieser Beziehung bildet dabei die Wiener Berggasse 19: Schon für André Breton und Salvador Dalí stellte der Ursprung der Psychoanalyse einen Sehnsuchtsort dar.

Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen surrealistischen und psychoanalytischen Auffassungen werden in der Ausstellung ebenso sichtbar wie die vielfältigen Bezüge der künstlerischen Avantgarde zu Freuds Wissenschaft vom Unbewussten – u. a. mit Werken von Herbert Bayer, Hans Bellmer, Victor Brauner, Salvador Dalí, Giorgio de Chirico, Max Ernst, Conroy Maddox, André Masson, Meret Oppenheim, Pablo Picasso, Alberto Savinio, Toyen (Marie Čermínová) und Dorothea Tanning.

Die umfassende und vielschichtige Auseinandersetzung des Sigmund Freud Museums mit dem Surrealismus wird durch die großzügige Leihe von Helmut Klewan ermöglicht und durch ausgewählte Exponate surrealistischer Druckwerke von weiteren Leihgeber:innen ergänzt. Helmut Klewan ist seit den 1960er-Jahren als Sammler, Galerist und Autor aktiv – einen der Kernbereiche seiner Sammlung bildet der Surrealismus mit seiner Fortsetzung im deutschen und österreichischen Phantastischen Realismus.

"Ich glaube an die künftige Auflösung dieser scheinbar so gegensätzlichen Zustände von Traum und Wirklichkeit in einer Art absoluter Realität, wenn man so sagen kann: Surrealität", lautet André Bretons berühmtes Bekenntnis, das er in seinem "Manifeste du Surréalisme [Manifest des Surrealismus]" 1924 – zwei Jahre nach seinem Besuch bei Sigmund Freud in der Berggasse 19 – niederschrieb. Breton forderte die Erweiterung der vernunftbasierten Betrachtungsweise menschlicher Lebensrealitäten um das Unbewusste ebenso wie um ein rausch-, trieb- und traumhaftes Erleben. Tatsächlich gewannen Freuds Einsichten in die Funktionen des "psychischen Apparats" und sein Verständnis des Menschen als triebgesteuertes Wesen in der Kunst des Surrealismus ab Mitte der 1920er-Jahre an Bedeutung. Das Interesse für den Traum, der wie das surrealistische Werk gewohnte Denk- und Sichtweisen außer Kraft setzt, stellt eine der wesentlichsten Übereinstimmungen dar. Sexualität, Begehren und Liebe bildeten bald den zentralen Themenkanon des Surrealismus, der sich noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, der zahlreiche Mitglieder ins Exil trieb, als eine internationale Kunstbewegung etablierte.

Wenngleich der Einfluss von Sigmund Freuds "Revolution der inneren Welt" auf André Breton und die gesamte surrealistische Bewegung gar nicht überschätzt werden kann, unterscheiden sich die Begründer von Psychoanalyse und Surrealismus in ihren Zielsetzungen erheblich. Obwohl für Freud die Unvereinbarkeit zwischen seinen eigenen und den surrealistischen Positionen bald zutage trat, blieb er über 15 Jahre in einem losen brieflichen Austausch mit Breton und verfolgte die Entwicklung der surrealistischen Bewegung aus der Distanz. Ungeachtet sämtlicher Divergenzen, Verschiebungen und produktiven Missverständnisse ist der Surrealismus maßgeblich an der Verbreitung psychoanalytischer Ideen in Frankreich beteiligt.

Surreal! Vorstellung neuer Wirklichkeiten
Eine Sonderausstellung des Sigmund Freud Museums mit Werken aus der Sammlung Klewan
Bis 16. Oktober 2022