Schöne Aussichten

Die Retrospektive "Klaus Staeck: Schöne Aussichten" zeigt in der Berlinischen Galerie neben seinen bekannten Plakaten, Fotomontagen und Objekten 90 Fotografien aus der Zeit seit den 1970er Jahren bis heute, die eine eher unbekannte Seite des großen Politkünstlers offenbaren. Subtiler als bei den Plakaten, aber ebenso demaskierend, arbeitet Staeck mit der Kamera. Sein fotografisches Werk zielt auf die Entlarvung dessen, worüber man sonst achtlos hinwegschaut.

Auch hier spielt häufig Text eine zentrale Rolle, in Gestalt von Schildern, Werbung, Hinweisen, deren Inhalt im Kontrast zu ihrer Umgebung oder zu ihrem Erhaltungszustand stehen. Besonders deutlich wird dies etwa bei den Fotos aus Bitterfeld, entstanden zwischen 1980 und 1991, wo die Parolen von DDR-Reklame und politischen Losungen durch die traurige Heruntergekommenheit ihres Erscheinungsbildes ad absurdum geführt werden. Aber nicht nur dort: In der gesamten Bundesrepublik, auch und gerade in der bunten Konsumwelt des Westens, hat Staeck in den letzten drei Jahrzehnten Motive gesammelt, in denen sich die alltägliche Groteske selbst vorführt.

Stets zeigen sich dabei die ganz realen Verhältnisse in ihrem Surrealismus, in einer Doppelbödigkeit, die die haarscharfe Grenze zwischen Anspruch und Scheitern, großem Ideal und kleinlicher Banalität anschaulich macht. Und anders als in seinen Plakaten geschieht dies ganz ohne Inszenierung. Die Hässlichkeiten, Schiefheiten, Lächerlichkeiten im öffentlichen Raum findet der Fotograf Staeck genau so vor – und lenkt mit Lust unseren Blick darauf, indem er sie im Foto festhält.

Eine ganz eigene Werkgruppe bilden darüber hinaus Staecks Porträtfotografien, die er seit den 1970er Jahren bis heute bei Begegnungen mit prominenten Zeitgenossen des kulturellen öffentlichen Lebens aufgenommen hat, unter anderem von Joseph Beuys, George Tabori, Heiner Müller, Egon Bahr, A.R. Penck, Nam June Paik oder Senta Berger. In der Gesamtschau ergänzen diese persönlichen Aufnahmen in wunderbarer Weise die kämpferische, polemische Politkunst des heutigen Präsidenten der Berliner Akademie der Künste.


Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Texten von Jörn Merkert, Wolfgang Thierse, Uli Mayer-Johanssen, Uwe Loesch, Matthias Flügge und Thomas Wagner (Steidl-Verlag, 190 Seiten, ca. 300 Abbildungen).

Klaus Staeck - Schöne Aussichten
29. Mai bis 31. August 2009